USA: Wohnmobil kaufen statt mieten? Autokauf in Amerika als Tourist
1. September 2023Yellowstone´s Dampfende Wunder
6. September 2023Wenn Bremsen streiken und Handys schweigen
Im Grunde ist jedes Unglück gerade nur so schwer, wie man es nimmt.
03. Sep. 2023 - Reisetagebuch Eintrag #135
- WENN BREMSEN STREIKEN UND HANDYS SCHWEIGEN | geschrieben von Rene
Wir machen in den USA ordentlich Kilometer. Schlappe 310 Meilen, oder umgerechnet 500 km sind es vom Devils Tower, Wyoming nach Cody – auch in Wyoming. Das rudern wir locker auf einer Backe ab. Denn hier lässt es sich wirklich sehr bequem Strecke machen. Die Highways sind breit wie die Landebahnen am Münchner Flughafen, das meiste ist flach und gerade und man sieht normalerweise 20 Meilen vorher, wenn eine Kurve kommt. Also wirklich easy – und ich liebe den Tempomat, den wir an Board haben. Der dreht zwar manchmal etwas durch, aber das sind wir von Ollie ja schon gewöhnt.
Cody
Die Kleinstadt Cody ist quasi das östliche Eingangstor zum Yellowstone Nationalpark. Da wir einige Tage im Yellowstone verbringen wollen, möchten wir in Cody gerne unsere Vorräte auffüllen und – wie im letzten Bericht erwähnt – das Guthaben unserer T-Mobile SIM-Karte aufladen. Dass es mit SIM-Karten nicht ganz so einfach ist, haben wir bereits festgestellt. Vor kurzem haben wir gelernt, dass es in den USA Karten gibt, die für das Handy geeignet sind, und dann wiederum Karten, die nur für (mobile) Router funktionieren. Beides zusammen gibt es wohl nicht. Wie auch immer – mental immer noch gezeichnet von der Erfahrung der letzten Tage wollen (oder müssen) wir die Prepaid-Laufzeit nun verlängern. Das geht normalerweise ganz einfach, in dem man auf die Webseite des betreffenden Betreibers geht. Dann wählt man seine Telefonnummer aus (bzw. gibt sie an) und sagt, dass man einen weiteren Monat verlängern möchte und bezahlt. Fertig. Genau. So läuft das überall auf der Welt. Total einfach und kindergartenfreundlich. Aber nicht in Amerika.
Bremsdilemma
Doch der Reihe nach. Wir haben ein kleines Problem mit unseren Bremsen. Na ja, eigentlich ist es kein Problem, sondern eher ein Verdacht. Wenn wir fahren, hören wir rechts vorne ein schleifendes und etwas nerviges Geräusch. Möglicherweise hat sich ein Stein in der Bremsscheibe verfangen oder sonst etwas. Das wollen wir gerne überprüfen lassen. Nachdem wir kurz vor Cody auf einem weiteren, sehr schönen «Dispersed» Campground eine sehr stürmische Nacht verbringen (und damit meine ich wirklich die Stürme mit Blitz und Hagelkörnern), sieht der nächste Morgen aus, als gäbe es gar kein schlechtes Wetter. Strahlend Blauer Himmel und Sonnenschein.
Wir machen uns nach dem ersten Kaffee auf in das Zentrum der Kleinstadt und steuern den erstbesten (und einzigen) Chevy-Händler an. Wir haben ja einen Chevrolet. Das war also naheliegend. Wir betreten die Werkstatt und werden sogleich vom Servicemeister empfangen. Als wir dem Mann im ersten Satz erklären, dass wir ein «Motorhome» haben, hat er schon genug gehört und winkt ab: «Wir machen keine Motorhomes, dafür haben wir nicht das Equipment». Ja, aber ich meine die Bremsen. Ich will ja keine neue Kloschüssel von dir. Nein, auch keine Bremsen, denn «dafür ist die Werkstatt zu klein». Ich schau mich in der Halle um, in der ein Flugzeugträger Platz hätte und sehe LKWs auf der Hebebühne, die den Eifelturm transportieren könnten. Er hat unser Wohnmobil noch nicht mal gesehen und weiss schon, dass es zu gross ist. Was für ein Honk. Gut, Magdalena will ihm erklären, dass wir nur einen kleinen Camper haben, der hier locker Platz hat. Aber ich hab den Typen schon gefressen. Auf so einen ignoranten Idioten kann ich gerne verzichten. Ich bedanke mich so freundlich es mein Stolz zulässt und sage meiner Frau, dass wir jetzt gehen. Sie schaut mich etwas verdattert an, aber ich erkläre ihr auf Deutsch, dass ich mit so einem Vollpfosten leider gar nicht kann und ziehe sie nach draussen. Darum betteln, dass er unser Auto anschaut, tu ich garantiert nicht. Dann macht er eben kein Geschäft. Auf wiedersehen, du Ziegengesicht.
Wir fahren in die nächste Werkstatt – diesmal ein RV-Händler. «RV» (Receational Vehicle) ist hier ein ziemlich weitläufiger Begriff. Als wir auf dem Platz eintreffen sehen wir nur die riesigen Trailer und 5th-Wheeler, aber keine «Motorhomes». Immerhin sind sie hier schon mal sehr viel freundlicher. Wir fragen uns so lange durch, bis wir beim Servicechef ankommen und erklären ihm unser Problem. «Ja…» meint er – «…Bremsen machen wir leider nicht». Davon haben sie keine Ahnung und auch nicht das Equipment. Wir sollen am besten in eine Chevrolet-Werkstatt gehen. Ja, da kommen wir gerade her. Aber gut, er kennt noch jemanden, der das macht. Toll. Wie eine Schnitzeljagd. Darauf hab ich grad ganz grosse Lust. Na gut, runter vom Gelände und auf zur empfohlenen «Tyre & Breaks»-Werkstatt. Rein ins Gelände – das sieht zumindest nach Bremsenwerkstatt aus. Die 2000er-Null-Bock-Generation-Vertreterin mit Nasenring, Augenlidring und Zungenpiercing am Tresen muss erst ihren Chef fragen, ob sie mit uns reden darf. Kommt schon Leute, echt jetzt? Was ist nur los mit euch? Ist die Bildung nach der Jahrtausendwende wirklich stehen geblieben? Ich red selbst mit dem Chef. Nach einer kurzen Erklärung, wo unser Schuh drückt, schüttelt der den Kopf. «Ne, ne …» - Bremsen machen sie nicht. Nur Tyres – also Reifen. Ich steh da wie Kermit aus der Muppet Show, die Hände vom Körper gestreckt und fühl mir wie der Hofnarr der Bremsenwerkstatt. «Aber…», ja wenn sie nicht für alles eine Lösung hätten, wäre es gar nicht so genial. Etwas weiter die Strasse runter ist noch eine Bremsenwerkstatt (Moment mal, «NOCH eine»? Ich dachte er hat mir eben erklärt, dass sie gar keine Bremsen machen). Ach was solls, der Hofnarr hat zu Schweigen und zu akzeptieren. Also wieder rein ins Auto und zur nächsten Werkstatt.
Hier siehts zumindest ein wenig professioneller aus. Die Dame am Empfang scheint auch tatsächlich zu wissen, dass eine Bremse kein lästiges, fliegenähnliches Stechvieh ist. Doch leider werden wir ziemlich schnell enttäuscht, denn nach einer kurzen Erklärung sagt sie dann, dass sie zurzeit leider keinen Termin haben. Das wars dann also mit unseren Bremsen.
Ich geb’s auf. 2 Stunden verplempert für nichts. Eigentlich sollte ich gelassen sein, aber so etwas regt mich einfach auf. Egal, wir lassen alles so, wie es ist. Die Bremsen bremsen und fertig. Ich pfeif auf das Pfeifgeräusch und dreh einfach den Radio lauter, dann hören wir es nicht mehr. Problem gelöst, und zwar gratis.
Die T-Mobile Challenge
Na gut, dann machen wir halt wenigstens das mit der T-Mobile Prepaid-Karte. Wie schon erwähnt kann man in allen der 195 Ländern der Welt eine Prepaidkarte über das Internet «aufladen». Gut, bei der Antarktis, Äquatorialguinea und Guinea-Bissau wäre ich mir vielleicht nicht ganz so sicher. Ach ja, und dann gibt’s noch eine weitere kleine, ganz unbedeutende Ausnahme: die Vereinigten Staaten von Amerika. Na ja, also man kann sich online einloggen und sogar seine Nummer angeben, aber in der Maske, in der man die Kreditkarteninformationen eingibt, spuckt das System aus, dass die Kreditkarte angeblich ungültig ist. Obwohl wir in allen 27 Ländern, in denen wir bisher auf unserer Reise waren, mit genau dieser Karte problemlos bezahlt haben: vom 20-Cent-Eintritt ins Klohaus bis zum mehrere tausend Dollar teuren Wohnmobil. Nur T-Mobile meldet, dass die Karte ungültig ist. Die wissen etwas, was wohl sonst keiner weiss.
Okay, online geht es also nicht. Dann gehen wir eben in einen T-Mobile-Store. Was für ein Glück, dass in unserer geliebten Kleinstadt Cody ein solcher Store existiert. Wir betreten den Laden, der von aussen eher ausschaut wie eine heruntergekommene Schrauberhalle und müssen erstmal das T-Mobile-Logo suchen. Denn der Schuppen wirkt viel mehr wie ein Hardware-Laden, der vorzugsweise Computer verkauft. Irgendwo links oben an einer Ecke klebt ein veraltetes T-Mobile-Schild. Glück gehabt. Der Dame am Empfang erklären wir, wie simpel unser Anliegen ist: wir wollen einfach nur das Guthaben unserer Prepaid-Karte aufladen. Eigentlich so kompliziert wie im Fasching einen Krapfen zu kaufen. «Ohhh…» meint sie gleich – «das kann ich leider nicht, dafür habe ich keine Berechtigung». Ausserdem kennt sie sich mit dem komplizierten Computersystem nicht so gut aus. Wie passend, dass wir in einem Computerladen sind. Mir fehlen die Worte und ich suche die versteckte Kamera hinter dem staubigen T-Mobile-Logo. Da ist aber nix – also ist es ernst. Okay, einen Tipp hat sie für mich: Wir können die Service-Nummer von T-Mobile anrufen. Die geht auch dann, wenn wir kein Guthaben mehr haben. Dort können wir die Karte auch wieder aufladen.
Telefonterror
Na wenigstens etwas. Wir gehen zurück ins Wohnmobil, rufen die Nummer an und quälen uns mit einer Computerstimme herum. Nach etwa 20 Minuten und 4 erfolglosen Versuchen, unsere Prepaid-Karte aufzuladen, hat auch der Computer endlich die Schnauze voll und wir bekommen tatsächlich einen echten Menschen ans Rohr. Ich erzähle ihr die ganze Story nochmal von vorne. «Gar kein Problem» mein sie, das haben wir gleich. Ich gebe ihr die Kreditkartennummer, dann ist erstmal Ruhe am anderen Ende. «Hmmm, there is something wrong…». Ja, das weiss ich mittlerweile auch.
Wir probieren es 3-mal erfolglos, dann entschuldigt sie sich. Sie möchte wissen, ob wir vielleicht noch eine andere Kreditkarte haben. Ja, haben wir. Auch die probieren wir 3-mal - ohne Erfolg. Sie muss nun mit ihrem Supervisor reden. Wir bleiben in der Leitung. Mittlerweile ist schon gut eine Stunde vergangen. Nein, ich möchte nicht an der nächsten Mondmission teilnehmen und das Space Shuttle steuern, ich möchte nur meine verdammte Prepaidkarte aufladen!! Sie meldet sich wieder. Und es kommt, wie es kommen muss: es geht nicht. Aber – ratet mal: sie hat einen Tipp für uns: Wir sollen doch einfach in einen T-Mobile-Store gehen. Wow, was für ein grandioser Vorschlag. Da wäre ich von selbst nie draufgekommen.
Ich erzähle ihr, dass wir gerade von einem T-Mobile-Store kommen. Sie ist überrascht. Mich hingegen wundert gar nichts mehr. Ich biete ihr an, dass wir den lächerlichen Betrag von 55 US-Dollar gerne auch in bar bezahlen würden, wenn das denn etwas bringt. Sie sagt, das wäre eine hervorragende Lösung. Wieso müssen eigentlich WIR immer die Lösungen finden? Sie bietet uns an, dass sie für uns beim betreffenden T-Mobile-Store anruft, bei dem wir gerade waren und will abklären, ob sie Bargeld nehmen. Toller Service! Wir bleiben in der Leitung und warten.
10 Minuten später entschuldigt sie sich dafür, dass es so lange gedauert hat. Ist eh schon Wurscht heute. Aber, die gute Nachricht: Sie hat mit der Managerin des Geschäfts gesprochen. In dem Store war nur eine Mitarbeiterin, aber die hat nicht nach Manager ausgesehen. Egal. Und noch eine gute Nachricht: sie nehmen Bargeld! Wir können also alles bei ihr machen. Sie hat für uns alles telefonisch abgeklärt und klargemacht. Okay, das klingt jetzt endlich einmal optimistisch. Wir können es nicht fassen. Das Blatt wendet sich. Zuversichtlich gehen wir zurück in das Computergeschäft, in dem wir eine Stunde zuvor waren und blicken erwartungsvoll in die vollkommen ratlosen Augen eines Menschen, der sich wundert, warum wir jetzt wieder in diesem Geschäft stehen. Mein anfängliches Grinsen friert ein und mein Gesichtsausdruck entwickelt sich zur ausdruckslosen Mine von SpongeBob, der beim Braten von Krabbenburgern auf das Ende seiner Schicht wartet.
Ich sehe ihr sofort an, dass sie keine Ahnung hat, was wir wollen und dass absolut niemand mit ihr telefoniert hat. Und genau das bestätigt sie auch, als ich ihr erzähle, dass wir jetzt 1 Stunde mit dem T-Mobile-Support geredet haben. Ob sie denn dann wenigstens unser Handy aufladen kann und wir das in bar bezahlen können. „Ohh…“ meint sie, „…das tut mir jetzt aber leid, aber Bargeld darf ich keines nehmen. Das erlaubt der Chef nicht“. Ich verstehe mein Leben grad nicht mehr. Aber – ratet mal - sie hat einen Tipp für uns: Wir könnten doch in den T-Mobile-Store nach Powell fahren, der ist „nur“ 24 Meilen entfernt. Ich glaub die gute Dame kennt den Spritverbrauch von unserem Wohnmobil nicht. Wenn wir die Strecke fahren, kann ich allein für die Spritkosten auch gleich ein neues Smartphone dazukaufen. Aber gut, es hilft nichts. Wenigstens bekommen wir sie dazu, dass sie zuerst in dem Geschäft anruft und fragt, ob sie auch Bargeld nehmen. Das war die Idee des Tages, denn als sie anruft erfährt sie, dass sie dort auch kein Bargeld nehmen. Gehen sie zurück auf Los. Ziehen sie kein Geld ein, und bringen sie niemanden um.
Doch was wäre Amerika ohne hilfreiche Tipps. Denn einen Tipp hat sie noch für uns: wir könnten doch eine Gutscheinkarte kaufen. So eine Art Rubbelkarte. Die gibt’s beim Walmart für alle Telefonanbieter. Okay, wenn es so einfach wäre. Aber was haben wir für eine Wahl? Wir verabschieden uns höflich und schlurfen davon. Meine Motivation schleift am Gefrierpunkt.
Schnitzeljagd
Die Schnitzeljagt führt uns also zu Walmarts Technikabteilung. Wir bekommen den Berater zugeteilt, der die Lehrabschlussprüfung zum Regalbetreuer erst im dritten Anlauf gerade so geschafft hat. Ich bemühe mich um Freundlichkeit, und so schwer wie heute fällt es mir selten. Aber die Leute hinter dem Tresen können ja nichts dafür. „jahhh…“ meint er, als ich ihn nach einem „Voucher“ für T-Mobile Prepaid frage. „…das hat er schon einmal verkauft“ sagt er, runzelt die Stirn und kratzt sich am Kopf. Wow, ich bin beeindruckt, halte mich aber mit Glückwünschen zu diesem beachtlichen Erfolgserlebnis zurück. Er sucht sein Sortiment nach einer T-Mobile-Karte ab, findet aber nichts. Als er in seiner untersten Schublade am hintersten Regal anfängt herumzukramen, schwindet mein letzter Funken Hoffnung. Er zieht eine Schablone hervor, auf der die Barcodes sämtlicher Telefonanbieter der USA abgedruckt sind. T-Mobile, da ist es! Wir haben also doch endlich Glück! Er scannt den Barcode und fragt uns, wie viel wir aufladen möchten. „55 US-Dollar bitte“. Hmmm … „55 hab ich nicht. Ich habe nur 30. Und 60.“. Aber 30 ist zu wenig und 60 zu viel. Unser Tarif kostet 55 im Monat. Ja damit kennt er sich leider nicht aus. Warum wundert mich das nicht. Na gut, dann nehmen wir halt 60. Rück jetzt raus die Pulle und mach hinne, legen wir halt 5 Dollar drauf. Ist mir echt schon egal, Hauptsache endlich raus aus der Nummer hier. Okay, gesagt, gescannt. Sein Barcode-Scanner mach einen komischen Ton. Er scannt es nochmals, dann ein drittes Mal. „Hmmm, ja das System lässt den Verkauf leider nicht zu. Da kann ich nix machen“ meint er und zuckt mit den Schultern. Klar kannst du nix machen, du musst ja beim Treppenlaufen den Chef fragen, wie das funktioniert. Aber – so sein Tipp – wir sollen doch zum Customer Service Schalter gehen und dort nachfragen.
Beim Customer Service bin ich überrascht, was für Leute es doch tatsächlich durch den Anstellungsprozess einer Supermarktkette schaffen. Dieser Frau würde ich nicht mal zutrauen, Zucker in einen Kaffee zu geben, ohne einen Fehler zu machen. Es wundert mich nicht, dass sie keine andere Antwort für uns hat. T-Mobile geht bei ihr nicht. Sie hat das nicht auf dem Computerschirm. Als ich genauer nachfrage, dreht sie ihn gleichgültig mit einer augenrollenden Geste zu mir herüber und schaut mich nicht mal mehr an. Ich bin es leid, Diskussionen zu führen und gehe einfach weg, ohne mich zu verabschieden und ohne mich zu bedanken. Ich habe die Schnauze jetzt gestrichen voll. Wir gehen zurück zur Technik-Abteilung und ich erkläre Einstein, dass wir nicht erfolgreich waren. Ratet mal: ja, da kann er jetzt auch nix mehr machen. Aber – wie soll es auch anders sein – er hat noch einen Tipp für uns: Seine Kollegin, ja die kennt sich mit Telefon und Tarifen super aus. Wir können gerne zu ihr gehen, aber die ist noch nicht da. Eh klar.
Wir warten. Die Wartezeit verbringen wir mehr oder weniger mit im Kreis gehen und lethargischem Kopfschütteln. Die Leute, die uns beobachten müssen denken, wir haben einen Knall und sind nicht ganz richtig im Kopf. So komm ich mir mittlerweile auch vor. Währenddessen kommen wir auf eine andere Idee: wenn T-Mobile es nicht hinbekommt, dass sie uns die Wertkarte aufladen lassen, dann wechseln wir eben zu AT&T. Der andere „grosse“ Telefonanbieter in den USA. Doch zuerst wollen wir noch etwas probieren: Gegenüber von Walmart ist eine Tankstelle. Dort haben sie auch Telefonwertkarten. Da wir sowieso warten müssen spazieren wir dort hin und erkundigen uns danach. Doch Fehlanzeige. Nichts anderes habe ich erwartet.
Spezialkräfte
Zurück bei Walmart dürfen wir nun mit der Spezialistin reden, die jetzt da ist. Zu meiner Überraschung hat sie echt etwas Ahnung. Sie erklärt uns beispielsweise, dass sie T-Mobile-Karten nicht im Sortiment haben. Mir fällt echt die Latte vom Zaun. Wie kann es sein, dass jemand, der dort am Schalter für Mobiltelefone arbeitet, das nicht weiss? Ich meine – ernsthaft: wir haben nicht nach einem Behälter für radioaktives Material gefragt. Nein, unser Begehr ist nichts Exotisches, nur eine dämliche Wertkarte von einem der 3 grossen Telefonanbieter in den USA. Der Typ muss doch selbst ein Handy haben. Wo zum Geier ist der aufgewachsen? Und hat das vor uns wirklich noch nie jemand gefragt? Oder behält sein Gedächtnis nur die Information der letzten 6 Sekunden? Leute, was ist los mit euch. Die Welt steht am Abgrund. Ihr seid unsere Zukunft? Na Prost.
Okay, zurück zur Spezialistin: Wir fragen, was sie uns AUSSER T-Mobile empfehlen kann. Es gibt nur AT&T und Verizon. Bei Verizon gefällt uns der Tarif leider nicht – auch wollen wir gerne die Möglichkeit nutzen, in Kanada „roamen“ zu können. Das kann wohl nur AT&T. Also – nach kurzer Bedenkzeit werden wir T-Mobile, den Flachzangen, den Rücken kehren und auf eine AT&T-Karte umsteigen. Für die SIM-Karte selbst löhnen wir 10 US-Dollar, und der Tarif kostet uns auch 55 US-Dollar. Vor Steuern natürlich, denn die kommen am Schluss – wie in den ganzen USA – immer noch obendrauf. Na gut, beissen wir eben in den sauren Apfel. Tschüss, T-Mobile ihr Looser!
Nach der Kasse setzen wir uns auf die Walmart-Bank und legen die neu erworbene SIM-Karte gleich in das Telefon von Magdalena. Das vermeldet dann sogleich „No Service“, aber natürlich müssen wir es erst aktivieren. Wir gehen dank kostenlosem WIFI online und loggen uns auf die Webseite von AT&T ein. Alles eingetippt, nochmals kontrolliert und dann die Nummer vom Voucher eingeben. Absenden. Fehlermeldung. „No Service“. Wir probieren es etwa 5-mal. Dann finden wir irgendwo einen Hinweis, dass der Service von AT&T nur für bestimmte Geräte zugelassen ist. Unsere Handys sind zwar nicht brandneu, aber auch lange noch keine Oldtimer. Ich bin mir ganz sicher, dass sie kompatibel sind. Wir laden uns eine Liste herunter und – siehe da: unser Modell ist auf der Liste drauf. Doch das ist nicht alles, denn pro Modell gibt es 20 Untermodelle. Von unserem Modell sind alle Untervarianten als kompatibel gelistet, mit einer einzigen Ausnahme: unseres!
Wir sind nicht kompatibel. Genau – das Gefühl habe ich schon länger. Wie viel Pech kann man an einem einzigen Tag eigentlich haben? Natürlich ist sowohl die AT&T-SIM-Karte als auch der 55-US-Dollar-Voucher von der Rückgabe und Umtausch ausgeschlossen. Doch einen Hoffnungsschimmer gibt es: gegenüber von Walmart ist ein AT&T-Shop. Glück im Unglück. Die können uns bestimmt weiterhelfen. Da muss wohl ein Missverständnis vorliegen. Wir gehen rüber, und als wir vor dem Geschäft stehen wissen wir genau, wie sich Tom Hanks gefühlt hat, als in „Geschenkt ist noch zu teuer“ die Badewanne vom Obergesschoss in das Erdgeschoss gekracht ist. Auf der Scheibe klebt ein Zettel: „Da wir heute ein internes Mitarbeitertraining haben, bleibt das Geschäft den ganzen Tag geschlossen“.
Was soll ich noch sagen? Mir fehlen die Worte. Ich glaube heute spielen wir nicht Lotto und gehen nicht ins Casino, denn heute ist ein ganz klein wenig der Wurm drinnen. Eigentlich hätten wir heute früh ein Clown-Kostüm anziehen können, denn bescheuerter können wir uns grad nicht fühlen. Wir beenden das Thema „Prepaid-Wertkarte aufladen“ erfolglos. Es ist unfassbar.
Resignation
Wir wollen in den Yellowstone-Nationalpark. Heute haben wir so gut wie den ganzen Tag mit der Aufgabe verschissen, unsere Wertkarte aufzuladen. Der Plan wäre gewesen, die nächsten Tage vorzubereiten, zu recherchieren und herauszufinden, was wir anschauen möchten. Die letzten paar Stunden des Tages müssen wir also in ein Internet-Café, denn Netz haben wir keines mehr. Da wir zumindest wissen, dass die Spritpreise im Nationalpark selbst um gut 1 Dollar pro Gallone höher sind, tanken wir noch in Cody. Bei der Tankstelle frage ich – komplett entmutigt und hoffnungslos – ob sie auch T-Mobile-Karten verkaufen. Er muss erstmal nachschauen. Und tatsächlich findet er eine. Was kommt als nächstes? Er scannt die Karte. Keine Fehlermeldung. Aha. Bezahlen mit Karte. Fehler. Nochmal versucht, wieder Fehler. Na gut – Bargeld vielleicht? Ja, Bargeld, kein Problem. Das Wort „Problem“ ist am heutigen Tag definitiv schon überstrapaziert. Ich bezahle in Bar. Zurück im Wohnmobil versuche ich dann, die Karte aufzuladen.
Ich kann es nicht glauben und muss 2 man hinschauen. Es klappt tatsächlich. Ich fühle mich wie Captain America, nachdem er die Welt vom Bösen Mobilfunkanbieter gerettet hat. Was sagt man dazu? Es hat nur 2 Tage und unzählige Wege gedauert, aber schaut her ihr Wichte: ICH HABE EINE PREPAID-KARTE IN AMERIKA AUFGELADEN! Jawohl. So sehen echte Helden aus! Geht zur Seite und verneigt euch vor dem Prepaid-Karten-Gott.
In das Internet-Café gehen wir trotzdem. Die letzten paar Stunden des Tages nutzen wir endlich, um die notwendige Recherchearbeit für Yellowstone zu machen. Danach machen wir uns vollkommen entnervt und unmotiviert zum heutigen Nachtquartier, etwa 40 Minuten von Cody entfernt und nur ein paar Meilen vor dem Osteingang zum Park. Der schöne Platz mitten in der Natur entschädigt uns dann wenigstens ein bisschen für die Strapazen des heutigen Tages.
Liebe Grüsse
Reiseroute
23. – 24. Juli 2023Cody, WY
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