Begegnungen, Höhen und Tiefen
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13. Dezember 2023Viva Las Vegas
What happens in Vegas, stays in Vegas
10. Dez. 2023 - Reisetagebuch Eintrag #149
- VIVA LAS VEGAS | geschrieben von Magdalena
Let The Show Begin
Da sind wir nun endlich. Kaum zu glauben, aber wir haben es mit unserem Wohnmobil nach Las Vegas geschafft. Wer hätte das noch vor einigen Monaten gedacht? Anfang des Jahres glaubten wir, dass wir nie US-amerikanischen Boden betreten werden und jetzt fahren wir durch eine der bekanntesten Städte der USA. Wir, zwei kleine Landeier und unser Ollie, mitten in DER Glücksspielstadt schlechthin. Die Dämmerung hat schon eingesetzt, als wie das Ortsschild passieren. Eine Lichtreklame nach der anderen beginnt zu blinken. Die Hotels werden angestrahlt und die City erwacht wie jede Nacht aus dem Dornröschenschlaf.
Wir steuern direkt unseren Campingplatz vier Meilen ausserhalb des Strips an. Der King´s Row RV Park ist ein typischer Wohnmobilpark, bei dem sehr viele Langzeitcamper leben. Sie haben aber auch für Tagesgäste bzw. Kurzurlauber wie wir es sind einige Plätze frei. Für die nächsten Tage ist dies unser Zuhause. Wir richten uns ein, gönnen uns eine warme Dusche und fallen müde ins Bett. Vegas muss bis morgen auf uns warten.
Hinter den Kulissen
Die erste Nacht in Vegas verläuft sehr ruhig. Das hätten wir nicht gedacht, sind wir doch mitten in der City. Einzig das Brummen einer Harley weckt uns morgens um 6:00 Uhr. Da muss wohl einer früh zur Arbeit oder kommt gerade davon. Wir sind zumindest ausgeschlafen und starten gemütlich in den Vormittag. Unser Plan sieht vor, gegen Mittag Richtung Strip zu fahren und dann erstmal die Gegend zu erkunden. Die Bushaltestelle ist direkt beim Campingplatz, wir müssen nur eine 6-spurige Strasse überqueren - und das ohne Zebrastreifen oder Fussgängerübergang. Na, das kann ja was werden. Wir warten den richtigen Moment ab und rennen erstmal bis zum Graben in der Mitte der Strasse. Zum Glück ist hier tagsüber nicht allzu viel los und es entstehen immer wieder ein paar Lücken zwischen den ankommenden Autos. Wir schaffen auch noch über den zweiten Teil der Strasse und warten nun auf den Bus.
Das Bussystem ist in Vegas sehr gut ausgebaut. Es fahren verschiedenste Linien regelmässig nach Downtown und zum Strip. Unsere Linie ist inzwischen auch da und wir steigen in den Bus ein. Wenn man mit den öffentlichen Verkehrsmittel fährt, kommt man oft das erste Mal so richtig in Berührung mit Einheimischen und der realen Welt. Hier drinnen ist plötzlich nicht mehr alles Bling-Bling und luxuriös wie in den Touristenbussen. Uns wird schnell klar, dass auch diese Stadt, wie die meisten Städte in den USA, ein Problem mit der Armut, kranken Menschen und Drogenabhängigen hat.
Zwischen einer jungen Frau mit ihren kleinen Kindern quetscht sich ein ziemlich zugedröhnter, fertig aussehender Mann. Daneben telefoniert ein attraktiver schwarzer Mann in seinem schicken Businessanzug und macht vermutlich gerade in diesem Moment seinen nächsten Deal klar. Weiter hinten ist eine Gruppe von Kids, die lautstark über das Schulthema des Tages diskutieren. Neben uns braucht ein sehr stark übergewichtiger Mann zwei Plätze und kommt fast nicht auf, als er aussteigen muss. Mindestens zwei Veteranen, die dem Land ihre Dienste erwiesen haben, sitzen gehandicapt und leider auch sehr verwahrlost auf ihren Sitzen. Weiter vorne haben es sich ein paar Obdachlose bequem gemacht. Vermutlich wollen sie einfach mal komfortabel auf einem Stuhl und nicht immer nur auf dem Boden sitzen.
All diese Leute, die wohl sehr viel zu erzählen hätten, sitzen zwischen uns. Irgendwie macht es uns ein wenig Angst und wir fühlen uns nicht ganz so wohl. Umso länger wir jedoch im Bus sitzen, umso mehr bekommt man einen kleinen Einblick in das Leben hier. Der Opa rechts neben uns probiert die kleinen Mädchen, die mit der jungen Mama unterwegs sind, mit Grimassen zu bespassen. Er schafft es, den zwei Mädels ein Lachen ins Gesicht zu zaubern. Alle Fahrgäste, die aussteigen, bedanken sich beim Fahrer für die Fahrt. Und wenn jemand älteres den Bus betritt, wird Platz gemacht. Auch wenn die Leute im ersten Moment etwas erschreckend auf uns gewirkt haben – es läuft alles meistens gesittet und höflich ab. Wir nähern uns Downtown und sehen auch die nicht so schönen Ecken und Strassen dieser Stadt. Wenn man ein wenig weiter und hinter die Kulissen schaut, sieht man gleich, dass hier vieles nur “Show and Shine” ist, aber das war uns irgendwie schon im Vorhinein klar. Es ist wie in allen Städten, die wir bis jetzt besucht haben. Dort wo die Touristen sind, schaut man, dass alles sauber und aufgeräumt ist. Kaum geht man weg von diesen Orten, sieht man das richtige Leben. Die vielen Obdachlosen und hilflosen Menschen, die sicherlich nicht alle freiwillig auf der Strasse leben, aber vermutlich keinen anderen Ausweg mehr gesehen haben.
DER Strip
Nach gut 40 Minuten kommen wir am Strip an. Wir steigen beim Circus Circus Hotel aus und wollen uns gemütlich alles anschauen. Wir haben gut 4 Stunden Zeit, danach steht noch was ganz Besonderes auf dem Programm. Noch ist nicht allzu viel los, es ist erst früher Nachmittag. Wir tauchen in das Flair der Stadt ein und betreten das ein oder andere Hotel. Wow, das sind mal ganz andere Dimensionen hier. Luxus pur, aussergewöhnliche Hotelgestaltungen und Entertainment der ganz grossen Liga. Uns wird sehr schnell klar: mit einfach mal so “schnell” über den Strip spazieren und alle Hotels anschauen wird das wohl nichts. Es ist unglaublich, was alles in diese Hotels gebaut wurde. Im Venetian verirren wir uns fast. Das Thema Venedig ist nicht allzu schwer zu erkennen. Die Gebäude innerhalb des Hotelkomplexes sind im venezianischen Architekturstil erbaut. Man findet die typischen, authentische Kanäle als Nachbildung und kann diese sogar mit Gondel befahren. Es verkörpert Eleganz, Luxus und eine einzigartige Reise nach Venedig inmitten der Wüste. Zugleich mit einem künstlichen Himmel, der einen ganz vergessen lässt, ob Tag oder Nacht ist. Die Zeit rennt uns fast davon und als wir den Weg nach draussen aus den Kanälen gefunden haben. Ist es inzwischen schon dunkel.
Ok, dunkel wird es in Vegas nie, dafür sorgt ein schillerndes Meer aus Neonlichtern. Es blinkt wirklich überall und alles ist bunt beleuchtet. Ich will gar nicht wissen, wie viel Energiekosten diese Stadt hat. Genaue Zahlen finde ich bei meiner Recherche auf Anhieb nicht raus. Es ist auf jeden Fall viel und Las Vegas gehört zum grössten Stromfresser der Welt. Jedoch haben sie in den letzten Jahren einiges unternommen und in eine nachhaltigere Zukunft investiert. Ich habe hier einen interessanten Artikel darüber gefunden.
Eishockey in der Wüste
Wir sind noch nicht weit am Strip gekommen. So langsam geraten wir unter Zeitdruck. Wir müssen um 18:00 Uhr bei der T-Mobile Arena sein. Hier wollen wir uns heute Abend mit Freunden aus unserer alten Heimat ein Eishockeymatch der Vegas Golden Knights gegen die Los Angeles Kings anschauen. Einer meiner besten und langjährigen Freunde aus der Kindheit ist zufällig zur selben Zeit wie wir in Vegas. Er erkundet die Staaten nicht zum ersten Mal. Dieses Jahr ist er mit seinem Bruder und einem Freund unterwegs. Sie machen all die verrückten Dinge in Vegas und haben dazwischen noch ein wenig Zeit gefunden, um mit uns zusammen das Spiel anzuschauen.
Wir schaffen es trotz Verkehrschaos noch rechtzeitig zur Arena. An der Eingangskontrolle erklärt uns der nette Mitarbeiter, dass wir unseren Rucksack nicht mit in die Arena nehmen dürfen. Wir sollen ihn in einem Schliessfach verstauen und nachher wieder zurückkommen. Brav suchen wir die Schliessfächer auf und staunen nicht schlecht über den Preis. Schlappe 25 Dollar sollen wir für ein lächerliches Fach bezahlen, um unseren kleinen Rucksack, der gerade mal 16 Euro gekostet hat, zu verstauen. Die haben ja wohl einen Knall. Irgendwie haben die Amis den realen Bezug zu Geld verloren. 25 Dollar für ein Schliessfach. Für 2 Stunden. Unglaublich. Aber nicht mit uns. Kurzerhand räume ich den Rucksack aus, wir stecken alle wichtigen Sachen in unsere Jacken und ich finde sogar noch einen kleinen Beutel, wo ich den restlichen Krimskrams verstauen kann. Ich suche mir eine dunkle Ecke auf dem riesigen Areal und verstecke den leeren Rucksack hinter einer Säule. Lieber kaufen wir uns einen neuen Rucksack, falls ihn jemand findet und mitnimmt, als so einen Wucherpreis zu bezahlen.
Keine 5 Minuten später betreten wir die Arena und sind begeistert von unseren Plätzen. Wir sitzen fast ganz oben und haben einen genialen Ausblick auf das Eisfeld und das gesamte Stadion. Ich muss euch wohl nicht erzählen, dass es eine Show vom Feinsten gibt. Wenn sie eines können, die Amis, dann ihren Sport feiern und eine riesige Show daraus machen. Mit einfach nur Eishockey spielen ist da nichts. Leider können die Golden Knights heute keinen Sieg erringen, aber ein grossartiges Spiel war es trotzdem. Wir hatten auf jeden Fall viel Spass beim Spiel und verbringen mit unseren Freunden den restlichen Abend zusammen in Downtown von Vegas, bis wir spät nachts, mit unserem Rucksack - der glücklicherweise noch am selben Ort liegt - dann wieder zurück zu unserem Campingplatz kommen.
Newtown and Downtown
Es ist sehr spät geworden. Wir kommen am Morgen fast nicht aus den Federn. Zum Glück läuft vormittags eh nicht allzu viel in Vegas. Die nächsten Tage verbringen wir damit, den Strip genauer zu erkunden. Wir lassen uns so richtig Zeit und schlendern von mittags bis abends durch die Gassen, die Hotels und am Strip entlang. Es ist faszinierend, den Leuten und dem bunten Treiben hier zuzusehen. Las Vegas ist einfach eine grandiose Stadt, die man auf jeden Fall mal gesehen haben muss.
Einen Abend halten wir uns für das “alte” Las Vegas frei. Die Fremont Street in Downtown Las Vegas ist ein bekanntes Unterhaltungs- und Glücksspielziel der Stadt. Sie beherbergt einige der bekanntesten Hotels und Casinos - wie etwa das Golden Gate Hotel & Casino und das Golden Nugget. Die Strasse ist auch für ihre Lichtshows und Strassenkünstler bekannt. Hier findet man Viva Vision. Das ist der grösste LED-Überdachungsbildschirm der Welt. Der wurde im Jahr 2004 für 32 Millionen US-Dollar aufgerüstet und erst kürzlich nochmals renoviert und aufgebessert. Der renovierte Bildschirm verfügt über 16,4 Millionen brillante Farb-Pixel, ist 450 Meter (ja, richtig gelesen: METER) lang, 27 Meter breit und schwebt am höchsten Punkt fast 28 Meter über der berühmten Fussgängerzone der Fremont Street. Das Dach wird von 16 Säulen mit einem Gewicht von jeweils rund 11.800 kg gestützt. An der Kuppel sind unglaubliche 49,2 MILLIONEN(!!) LEDs angebracht. Außerdem gibt es 220 Lautsprecher, die eine Gesamtleistung von 550.000 Watt erzeugen. Wer einen kleinen Einblick haben möchte, kann sich gerne das Video ansehen.
Verrückt, oder? Die ganze Strasse pulsiert förmlich von Menschen. Zwei Konzertbühnen findet man hier. Strassenkünstler zeigen ihr Können und natürlich darf auch hier das Glücksspiel nicht zu kurz kommen. Wir machen es uns etwas länger im Golden Nugget bequem und beobachten die Spieler. Downtown Las Vegas hat uns sehr gut gefallen. Hier sind viele junge Leute die Party machen wollen und Spass suchen. Man sollte mindestens Downtown und den Strip besucht haben, wenn man in Vegas ist und nicht allzu viel Zeit hat.
Car Show
Am Samstag findet etwas ausserhalb von Vegas eine Carshow statt. Klar müssen wir auch dort hin. Und so vergeht irgendwie der ganze Samstag „nur“ mit US-Cars vom Feinsten. Es sind einige Schönheiten vor Ort, wir führen interessante Gespräche und freuen uns endlich mal wieder auf einem Treffen gewesen zu sein.
Länderreise
Nach einer Woche verlassen wir Las Vegas. Wir hatten eine unglaublich tolle Zeit hier und es hat uns sehr gut gefallen. Was die Hotels hier aufführen, ist kaum zu beschreiben. Einmal hat man das Gefühl in Rom zu sein und keine 100 Meter weiter befindet man sich in einer Märchenwelt. Vor dem Bellagio wird jeden Tag ein unglaublich imposantes Wasserspiel aufgeführt. Gegenüber fährt man mit dem Aufzug 140 Meter in die Höhe und steht mitten in Paris auf dem Eiffelturm und hat einen 360 Grad Überblick auf die ganze Stadt. Alles ist bunt, schrill, laut und doch irgendwie wunderschön. Las Vegas hat es uns angetan und wir werden der Stadt sicherlich einmal wieder einen Besuch abstatten.
Für uns heisst es nun wieder raus aus der City und rein in die Natur. Die nächsten Tage steht ein straffes Programm an. Wie so oft holt uns auch hier der Winter ein. Und bevor es dann auch für uns so langsam in die Winterpause geht, wollen wir noch den ein oder anderen Nationalpark im Westen der USA erkunden.
Liebe Grüsse
Reiseroute
07. – 13. Nov. 2023Las Vegas
US