Giraffengold
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Du darfst niemals in Zorn geraten. Wenn dein Kopf nicht mehr auf den Schultern sitzt, ist es vorbei.
05. Juni 2022 - Reisetagebuch Eintrag #90
- UNSTERBLICHE UNGEHEUER | geschrieben von Rene
Wir stehen am berühmtesten See Schottlands: Loch Ness. Das Ungeheuer lässt sich leider nicht blicken. Am Fort Augustus wird geschleust, was das Zeug hält. Am Eilean Donan Castle wird es episch: Nicht nur der unsterbliche Highlander war hier zu Gast - auch für einige andere Blockbuster war das Schloss die erste Wahl als Drehort.
Loch Ness
Für uns geht es nun in den Süd-Westen, in die Heimat des wohl bekanntesten Fabeltiers Schottlands: Loch Ness. Magdalena freut sich schon riesig darauf, denn schon als Kind hat sie die Sagen und Geschichten rund um das sagenumwobene «Nessie» fasziniert. Als wir dann kurz nach Inverness tatsächlich die Nordspitze von Loch Ness berühren und entlang des Ufers fahren, kann sie es kaum erwarten, bis wir an der erstbesten Gelegenheit stehen bleiben und Ausschau nach dem Fabelwesen halten. Bekanntlich ist Nessie ein sehr scheues Wesen, und leider zeigt es sich uns nicht. Das liegt aber höchstwahrscheinlich am wieder einmal einsetzenden Regen. Unser Weg führt uns schliesslich bis an die Südspitze des Sees, Fort Augustus. Dort finden wir unser Quartier für die heutige Nacht. Ein wirklich idyllischer Stellplatz, mitten in der Natur – wunderbar gepflegt mit Picknick-Tischen und allem, was man für einen gemütlichen Sonntag-Nachmittag braucht. Forestry and Land Scotland hat einige solcher Plätze im Angebot, bei denen man (Stand heute zumindest) kostenlos eine Nacht mit seinem Wohnmobil stehen bleiben kann. Man darf allerdings erst ab 18 Uhr ankommen und muss am nächsten Tag spätestens um 10 Uhr wieder weg sein. Trotz dieser Einschränkung ein phantastisches Angebot für uns, die nicht unbedingt an grossen Campingplätzen stehen möchten. Kurz nach 18 Uhr treffen wir ein und ergattern gerade noch den letzten freien Platz. Lange können wir die schöne Umgebung direkt an einem Fluss nicht geniessen, denn der Regen vertreibt sogar die Schotten in ihre Wohnmobile zurück.
Wir verbringen hier eine wundervoll ruhige Nacht, bevor wir am nächsten Tag dann die Schleusen von Fort Augustus bewundern. Hier mündet ein Teilstück des Caledonian Canal in das Loch Ness. Vorher muss der Kanal aber noch fünf Staustufen überwinden, was ungefähr eine Stunde dauert. Erst dann kann man die weitläufigen Ufer des Loch Ness befahren. Fort Augustus hat gerade mal etwa 600 Einwohner. Aber gerade wegen dieser Attraktion zieht es viele Besucher an, die sich hauptsächlich um die Schleusen bewegen und live mitverfolgen, wie die Boote die 12 Meter Höhenunterschied hinter sich bringen. Wir hatten dieses Erlebnis ja bereits einmal im schwedischen Berg verfolgt. Wir spazieren gemütlich am Kanal entlang, beobachten das Treiben der Menschen und Boote, gönnen uns im Besucherzentrum einen Kaffee, um dem gerade einsetzenden Regen zu entkommen und werden kurz darauf wieder mit Sonnenschein belohnt.
Ich weiss nicht, wie oft ich in meinen Erzählungen das Wort «Highlight» verwendet habe. Ich muss es schon wieder tun, denn es wartet einmal mehr eine Kindheits- oder besser gesagt eine Jugenderinnerung darauf, erkundet zu werden. Und – wie könnte es anders sein – geht es wieder mal um einen Film. Und zwar um nichts geringeres als «Highlander». Wer auch immer etwas damit anfangen kann weiss vermutlich schon, worauf ich hinausmöchte. Nicht nur, dass Queen eigens für diesen Film die Ballade «Who Wants To Live Forever» geschrieben hat, nein – es hat auch ein schottisches Schloss weltberühmt werden lassen: Eilean Donan Castle.
Eilean Donan Castle
Es ist eines der Motive, an denen selbst der unfähigste Fotograf der Welt eine Weltklasse-Postkartenaufnahme schiessen kann. Kitschiger geht es eigentlich nicht mehr: auf einer kleinen Insel, bei Flut nur mit einer Brücke verbunden, steht die romantische Burg. So stellt man sich Schottland in seinen Träumen vor, selbst dann, wenn man gar nicht weiss wo Schottland liegt.
Eilean Donan Castle wurde etwa um 1220 als Verteidigung gegen die Überfälle der Wikinger errichtet. Als prominenter Besucher darf man Robert the Bruce nennen, der vermutlich im Winter 1307/1308 die Burg im ersten schottischen Unabhängigkeitskrieg auf der Flucht vor den Engländern als Unterschlupf nutzte. In den darauffolgenden Jahrhunderten gab es unzählige Gerangel zwischen schottischen Clans und den englischen Besatzungsmächten, die sich abwechselnd die Eigentumsrechte sicherten. Damals galt einfach: wer’s erobert, dem gehörts.
Geschichtlich gesehen kann Eilean Donan Castle nicht ganz mit anderen ruhmreichen schottischen Gemäuern mithalten. Aber was die Burg so einzigartig macht ist ihre Schönheit und natürlich die Lage auf der kleinen Insel, die über die Steinbrücke mit dem Festland verbunden ist. Und wer sich vielleicht noch an den Film «Highlander – es kann nur einen geben» erinnern kann, dem wird die Burg sicherlich in guter Erinnerung sein, wo Connor MacLeod’s Clan zuhause ist. Doch auch abgesehen davon war Eilean Donan Castle Schauplatz einiger cineastischer Highlights, die sich wie das Who-is-Who der Filmwelt lesen: Elizabeth – Das goldene Königreich, Braveheart, Rob Roy, Prinz Eisenherz, Verlockende Falle und Verliebt in die Braut - um nur einige davon zu nennen. Und auch für den James-Bond-Film «Die Welt ist nicht genug» wurden vor Ort einige Szenen gedreht und der Schauplatz kurzerhand in die MI-6-Zentrale umfunktioniert.
Wir wollen die Burg zuerst etwas von der Ferne bestaunen. Nicht ganz ohne Grund: denn auch hier ist man als Drohnenpilot immer am Rande der Legalität unterwegs. Oder besser gesagt ein kriminelles Risiko. Denn natürlich gilt auch hier wieder: «No Drohnes» - keine Drohnen erlaubt. Mein Rat: Wer sich mit dem Gedanken spielt, eine Drohne zuzulegen, der sollte sich das gut überlegen. Ich möchte nicht allzu weit ausholen, aber was Drohnengesetze in Europa angeht, das ist an Lächerlichkeit fast nicht mehr zu überbieten. Abgesehen vom ganzen rechtlichen Krims-Krams, den man mittlerweile erfüllen muss, bis hin zum absolut sinnbefreiten «Drohnenführerschein» wimmelt es von Einschränkungen. Und als ob alle Flugbeschränkungen nicht genügen würden ist in vielen Ländern in Nationalparks und bei historischen Stätten das Fliegen verboten. Ich könnte jetzt stundenlang über die sinnlosen Drohnengesetze schreiben – natürlich ist es auch beim Castle verboten zu fliegen. Aber immerhin nur zwischen 09 Uhr morgens und 18 Uhr abends. Es ist erst Nachmittag, deswegen parken wir am Strassenrand, etwa 1 km vor dem Castle. Ich packe die Drohne aus und Pfeif einfach mal auf den ganzen Schmarren. Ich flieg kurz nach vorne und wieder zurück, alles erledigt und ein paar schöne Aufnahmen sind im Kasten. Keine Toten, keine Schwerverletzten, keine Anti-Terror-Einheit musste ausrücken und kein Krankenwagen ist notwendig.
Kurz darauf gehen wir dann noch direkt zum Eilean Donan Castle und können unser Glück kaum fassen: es ist kurz nach 17 Uhr, der Ticketschalter hat bereits geschlossen und man darf für gut eine Stunde lang vollkommen kostenlos über die Brücke zur Burg. Rein darf man natürlich nicht mehr, aber uns geht es ohnehin vorwiegend um die Aussenansicht. Unsere Handys langweilen sich zu Tode, da sie eine geschlagene Stunde lang immer wieder das gleiche Objekt fotografieren dürfen. Am Abend kommt wie immer das böse Erwachen und über 200 Fotos müssen aussortiert werden. Wobei ich da immer ganz pragmatisch bin und einfach alles so lasse, wie es ist. Speicherplatz kostet ja nix. Magdalena ist da viel rigoroser und sortiert noch am gleichen Tag alles aus, was doppelt, drei-, vier oder zwanzigfach vorhanden ist. Dieses Pflichtbewusstsein möchte ich mal haben.
Uns fällt auf, dass es hier Ebbe und Flut gibt. Jetzt ist gerade Ebbe, und wir fragen uns, wie es wohl bei Flut aussieht. Heute bekommen wir die Flut nicht mehr bei Höchststand zu Gesicht, das wäre zu spät. Aber am darauffolgenden Morgen um etwa 09:30 wäre der nächste Hochwasserstand. Und da wir ja viel zu wenig Fotos gemacht haben entscheiden wir spontan, uns in der Nähe ein schönes Übernachtungsplätzchen zu suchen, damit wir am nächsten Morgen nochmals hinfahren können und genau dieselben Aufnahmen bei Flut machen können. Ich bin wirklich froh, dass meine Frau genauso bescheuert tickt wie ich. Wir bekommen am nächsten Morgen sogar noch einige Sonnenstrahlen und kitschiger könnte es wieder einmal nicht sein. Doch langsam müssen wir uns von diesem wunderschönen Fotoobjekt trennen, denn für uns geht es weiter auf die Isle of Skye.
Isle of Skye
Ursprünglich wollten wir wegen der Talisker-Whiskydestillerie auf Skye. Doch – wie berichtet – bieten sie für uns keine passenden Touren an. Bei der Gelegenheit wollten wir Skye ein wenig erkunden. Doch nun fehlt uns ein wenig der Grund dazu. Einfach mal ziellos umherzufahren ist nicht ganz unser Ding. Trotzdem fahren wir über die Brücke rauf auf die Insel und ein Stück rein. Wir suchen uns einen schönen Platz zum Frühstücken und geniessen eine phantastische Aussicht. Die Landschaft ist wunderschön, wäre da nicht wieder mal das typische Sauwetter. Nach dem kurzen Sonnendebüt vom Vormittag ist nun schon wieder Regen angesagt. Wir überlegen uns, was wir mit Skye machen sollen und kommen zum Schluss, dass wir wirklich nicht sinnlos herumfahren wollen. Wir wollen die Zeit lieber für Dinge nutzen, die auf unserer Liste stehen. Also machen wir kurzerhand kehrt und verlassen das beschauliche Skye, das garantiert eine Reise wert gewesen wäre. Wir haben noch ein weiteres berühmtes Fotomotiv auf unserer Bucket-List: Glenfinnan.
Liebe Grüsse
Reiseroute
17. Mai 2022Loch Ness
SCO18. Mai 2022Fort Augustus
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SCO