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25. Mai 2022 - Reisetagebuch Eintrag #88
- SEITENWECHSEL | geschrieben von Magdalena
Wir kommen aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Schottland zeigt sich uns von der schönsten Seite. Im Loch Lomond werden wir von oben Nass. Als wir am Lunan Bay ankommen, bekomme ich unfreiwillig eine Dusche. Stonehaven mit seinem Dunnottar Castle entpuppt sich als imposanteste und faszinierendste Ruine Schottlands. Und als wir Portsoy und einen weiteren Traumplatz erreichen, trauen wir unseren Augen kaum.
Loch Lomond
Gourock, Montagmorgen, 6 Grad Aussentemperatur und leichter Nieselregen. Das schöne, wenn auch kalte, windige Wetter, welches wir bei den Highland Games hatten, ist vorbei. Die Wetteraussichten für diese Woche sind sehr beständig: Regen von Montag bis Samstag. Na das nenn ich mal tolle Aussichten. Wir verschieben unser Frühstück, wie so oft in letzter Zeit, auf einen späteren Zeitpunkt. Wir haben uns angewöhnt, zuerst ein paar Minuten zu fahren um das Wohnmobil aufzuheizen und erst später dann im kuschelig warmen Auto zu frühstücken. Warum wir das machen, wenn wir doch eine Heizung an Board haben? Ganz einfach: um Gas zu sparen, das hier oben in Schottland noch schwerer erhältlich ist als in England. Unser heutiges Ziel ist das Loch Lomond. Bald werde ich mein erstes Loch sehen.Aber was ist eigentlich ein Loch? Hier in Schottland heisst ja ganz vieles Loch. Das bekannteste ist vermutlich das Loch Ness mit seinem mystischen Nessi. Als Loch (Aussprache mit kehligem „ch“) werden in Schottland stehende Gewässer und manche schmalen Meeresbuchten bezeichnet. Also, ab zu meinem ersten Loch, oder auf gut Deutsch, auf zum See. Wir kommen keine zwei Stunden später am Parkplatz an und haben besten Blick auf einen Teil des Loch Lomonds. Wäre da nicht der strömende Regen und der Nebel der uns die Sicht auf alles nimmt. Wir wollen jetzt also erstmal Frühstücken und hoffen danach noch ein bisschen spazieren gehen zu können.
Acht Stunden später. Es hat immer noch nicht aufgehört zu regnen. Es ist bitterkalt und wir sind der Verzweiflung nahe. Egal welchen Wetterbericht wir aufrufen, vor Samstag ist keine Besserung in Sicht. Ich habe schon das Norwegensyndrom (4 von 6 Wochen Regen) und will am liebsten wieder in den Süden flüchten. Wir suchen unsere Park4Night App im Umkreis von 40 Kilometern ab, in der Hoffnung einen günstigen Campingplatz zu finden. Wenn wir Strom hätten könnten wir mit ruhigem Gewissen heizen und es wäre ein bisschen gemütlicher im Wohnmobil.
So mal ganz unter uns. Ich liebe das reisen mit dem Wohnmobil und ich kann mir momentan nichts Schöneres vorstellen. Aber wenn es den ganzen Tag nur regnet und kalt ist, dann wäre ich am liebsten in einem Haus wo es fein warm ist. Wo man die klatschnassen Sachen ohne Probleme trocknen kann und es einfach nur gemütlich ist. Ich finde schlechtes, kaltes und nasses Wetter im Wohnmobil alles andere als toll.
Unsere Stellplatzsuche hat ergeben, dass wir im Umkreis nichts unter 30 Euro pro Nacht bekommen. Das ist dann wohl der „Lochzuschlag“. Wir diskutieren und drehen uns den ganzen Tag im Kreis, sofern das im Wohnmobil überhaupt möglich ist. Irgendwann haben wir dann beide denselben Gedanken und schauen mal wie das Wetter auf der Ostseite Schottlands ist. Und siehe da, kaum zu glauben aber im Osten ist das Wetter um Welten besser. Wir entscheiden uns kurzerhand, all unsere Pläne im Loch zu versenken und fahren am nächsten Morgen einmal quer durch Schottland von West nach Ost.
Lunan Bay
Kurz nach Mittag kommen wir an unserem Stellplatz an. Da muss ich mich gerade selbst loben was ich uns für ein schönes Plätzchen rausgesucht habe. Es ist ein einfach gehaltener Stellplatz mitten in der Natur. Genau das was wir am liebsten haben und wo wir uns wohl fühlen. Als Draufgabe haben wir Strom und heisse Duschen. Und das noch zu einem sehr vernünftigen Preis für Schottland. Wir haben ein wunderschönes Plätzchen zugeteilt bekommen und wollen zuerst noch unseren Wassertank auffüllen, bevor wir uns platzieren. Rene und ich sind schon ein eingespieltes Team was das Ver- und Entsorgen betrifft. Wie immer gibt er mir den Wasserschlauch für das Frischwasser ins Wohnmobil durch unser Küchenfenster, damit er nicht im Dreck liegt. Er nimmt ein Ende mit, um es beim Wasserhahn anzuschliessen und ich halte das andere Ende in der Zwischenzeit fest. Wenn alles fertig ist, wird mein «Ende» dann in den Zulauf gesteckt und das Wasser aufgedreht. So machen wir dieses Spiel schon seit Beginn unserer Reise, und dementsprechend sauber ist und bleibt unser Wasserschlauch, von dem wir unser Trinkwasser entnehmen. Wenn genug Wasser im Tank ist, drehen wir zuerst den Hahn am Wasserzählwerk zu, Rene gibt mir wieder ein Ende rein und geht abschliessend den Wasserhahn zudrehen. Hat bis jetzt immer super geklappt, unser Wasserschlauch wird selten nass, nie dreckig und alles ist paletti. Tja, nur heute läuft es etwas anders ab. Unser Wassertank ist voll, «mein» Ende wird zugedreht und als Rene gerade Richtung Wasserhahn läuft, um auch dort abzustellen passiert es: von meinen Ende des Schlauchs spickt die Kupplung mit dem Sperrhahn, eine riesen Wasserfontäne ergiesst sich über mich und ich und Frida stehen im – beziehungsweise unter - Wasser.Ich bin von oben bis unten nass. Das Wasser ist überall verteilt und läuft am Boden entlang an den Teppichen vorbei. Ich schreie, Rene dreht das Wasser ab und dann geht alles schnell. Rene nimmt mir den Schlauch ab und ich renne nach hinten in unser Badezimmer wo ich meine saugstarken Tücher von Prowin (unbezahlte Werbung) verstaut habe und lege die erstmal auf dem Boden aus um das Wasser zu stoppen. Die nächste Stunde bin ich damit beschäftigt das Wohnmobil vom Wasser zu befreien und alles trockenzulegen. Zum Glück spielt das Wetter halbwegs mit und ich kann die Teppiche raus zum Trocknen hängen. Leider regnet es so gefühlt einmal in der Stunde und wir spielen den ganzen Nachmittag das Spiel «Teppich raus», «Teppich rein», «Teppich raus», «Teppich rein»... Jetzt kann ich darüber lachen, aber als ich da klatschnass bis zur Unterwäsche im Wohnmobil stand und das Wasser bis zur Decke raufgespritzt ist, da ist mir das Lachen mal kurz vergangen.
Nachdem das Wohnmobil und ich dann wieder trockengelegt sind, wollen wir die Umgebung etwas genauer erkunden. Wir stehen ja direkt am Lunan Bay und die Dünen, die sich vor unserem Platz abzeichnen, versprechen schon einen schönen Strand. Wir werden nicht enttäuscht. Der Strand ist der absolute Hammer. Wir haben wirklich schon viele schöne Strände gesehen und dieser gehört ganz klar zu den Top-Ten Stränden unserer Reise. Wir sind froh, dass wir auf die Ostseite gewechselt sind und verbringen die nächsten drei Tage an diesem schönen Plätzchen. Wir unternehmen Spaziergänge am Strand, zum naheliegenden Red Castle und machen uns super leckeres Frühstück. So lässt es sich hier sehr gut aushalten und die Zeit rennt wie im Fluge.
Dunninald Castle
Als wir kurz vor der Abfahrt zu unserem nächsten Ziel sind, bekommen wir noch einen Tipp vom Stellplatzbetreiber. Keine 5 Meilen entfernt soll es ein schönes Schlösschen geben, das momentan gerade renoviert wird, aber man könne es von aussen betrachten. Da es fast direkt auf dem Weg liegt und wir ja bekanntlich nicht genug von Schlössern bekommen können, wollen wir das Dunninald Castle noch mitnehmen. Nach einem kurzen Spaziergang durch den Wald eröffnet sich uns das Herrenhaus aus dem 16.Jahrhundert in seiner vollen Pracht. Wow… also bei dem Häuschen würde ich glatt schwach werden und unsere Frida sogar eintauschen. Wir laufen das gesamte Gelände mit den tollen Gärten ab und sind Megahappy über diesen Tipp.Stonehaven
Weiter geht es nach Stonehaven zu einem schönen Küstenort. Bevor wir aber dahin fahren will ich noch „schnell“ Wäsche waschen gehen. Da wir ja nicht wirklich oft an einem Campingplatz stehen, die meistens auch Waschmaschinen vor Ort haben, müssen wir uns immer schlau machen wo es eine Möglichkeit gibt. Heute muss die Waschmaschine bei einer Shell Tankstelle reichen. Leider kein schöner schnuckeliger Waschsalon wie wir es auch schon in Spanien hatten. Aber Hauptsache wir haben Platz mit Frida um auf unsere Wäsche warten zu können. Als wir bei der Tankstelle ankommen sehe ich schon, dass beide Maschinen laufen. Na toll, dann wird das doch nichts mit schnell mal waschen. Zu allem Überfluss liegt noch ein voller Sack mit Dreckwäsche neben den Waschmaschinen. Das kann dann also doch noch etwas länger dauern. Als kurz danach ein Auto stehen bleibt, das genau den gleichen Wäschesack im Auto hat und nur kurz zu den Maschinen schaut bevor sie wieder wegfährt, werde ich aufmerksam. Auf dem Auto stand Doggywalkers. Ich beschliesse, die Waschmaschinen und den fremden Dreckwäschesack etwas genauer anzuschauen und meine Vermutung bestätigt sich leider. Der hiesige „Hundegassi Service“, der hier gleich um die Ecke ist, wäscht also seine Hundekörbe und die dreckige Kleidung und Decken, die mit Hundehaaren übersät sind, hier - bei genau diesen zwei Maschinen. Versteht mich nicht falsch, ich hatte selbst 16 Jahre lang einen Hund und liebe Hunde über alles, aber ich habe keine Lust meine Kleidung dort zu waschen wo täglich Hundedecken und Hundekissen gewaschen werden. Ich will gar nicht daran denken wie meine Kleidung dann mit den ganzen Hundehaaren aussieht. Da es weit und breit keine andere Möglichkeit gibt unsere Wäsche zu waschen muss diese Arbeit somit vertagt werden. Bis jetzt hatten wir immer Glück mit dem Waschen und immer tolle Orte gefunden. Bei der Suche hilft uns wie so oft die App Park4Night weiter. Ich kann mir das Camperleben ohne diese App gar nicht mehr vorstellen, hier finden wir wirklich alles was wir brauchen.Na dann, Dreckwäschesack wieder verstauen und ab nach Stonehaven. Wir schlendern entlang der schönen Promenade und bekommen den ein oder anderen Sonnenstrahl ab. Besonders gut gefallen uns die Metallskulpturen die auf einer Seite der Küste toll in Szene gesetzt worden sind. Die Promenade wurde hier wirklich schön gestaltet. Nach gut drei Stunden haben wir alles in und rund um Stonehaven gesehen und fahren weiter Richtung Schlafplatz.
Dunnottar Castle
Und dreimal dürft ihr raten wo unser Schlafplatz für heute ist. Genau, beim Dunnottar Castle, dass keine 10 Minuten von Stonehaven entfernt steht. Wir platzieren Frida am Parkplatz und laufen noch rund um das Castle um es von draussen betrachten zu können. Es handelt sich hierbei um eine der imposantesten und faszinierendsten Ruinen Schottlands. So verspricht es zumindest der Werbetext auf der Tafel kurz vor der Festung. Dunnottar Castle steht auf 50 Meter hohen Klippen und ist nahezu uneinnehmbar. Versucht wurde es dennoch mehrfach. Und so hat die schottische Burg eine bewegte Geschichte. Die ältesten Funde am Dunnottar Castle gehen auf das 5. Jahrhundert zurück. Die Lage der Burg war zugleich Fluch und Segen, wie die Geschichte zeigen sollte. Immer wieder war das Castle Ziel von Angriffen. Nachdem der Piktenkönig Brude III. die Burg im 7. Jahrhundert angegriffen hatte, um seinen Einfluss an der Nordostküste auszuweiten, waren es im Jahr 900 die Wikinger, die zum Angriff maschierten. Damals versuchte Donald II., der erste offizielle König von Schottland, alles, um die Burg zu verteidigen, doch er starb und Dunnottar Castle fiel den Wikinger in die Hände, die es vollständig zerstörten.Ein so prachtvoller und günstiger Standort bleibt nicht lange ungenutzt. Aufzeichnungen zufulge weiss man, dass es im 13. Jahrhundert wieder eine Burg an dieser Stelle gab. William Wallace („Braveheart“) selbst soll sie 1297 von den Engländern zurückerobert haben und dabei eine besondere Grausamkeit an den Tag gelegt haben. Es heißt, Wallace habe 4.000 englische Soldaten in der Schlosskirche von Dunnottar Castle zusammengetrieben und diese dann anschließend in Brand gesetzt, sodass sie alle bei lebendigem Leibe verbrannten. Wie viel davon Wahrheit ist und wie viel Legende, lässt sich heute kaum sagen. Was aber belegt wurde ist, das im 17. Jahrhundert Dunnottar Castle das Versteck für die schottischen Kronjuwelen war, die Krone, das Schwert und das Zepter, die heute im Palast von Edinburgh bestaunt werden können und wir einige Wochen zuvor bewundert hatten.
Wir haben also wiedermal ein Schmuckstückchen unter den Burgen in Schottland gefunden. Es ist schon sehr imposant, wie die Überreste der damaligen Festung auf dem Felsen thronen. Es fasziniert uns immer wieder aufs Neue, wenn wir solche Ruinen bestaunen können und wir stellen uns immer vor wie es damals zu den früheren Zeiten hier wohl gewesen ist. Unser Schlafplatz ist keine 100 Meter von der Burg entfernt und so haben wir den ganzen Abend noch einen phantastischen Ausblick auf die Ruine und das offene Meer.
Portsoy
Am nächsten Morgen geht es weiter nach Portsoy. Wir haben den Geheimtipp bekommen, dass es hier ein schönes idyllisches Plätzchen direkt am Meer geben soll. Wir machen Frida abfahrbereit und fahren weiter rauf Richtung Norden. Portsoy ist an der Nordküste von Schottland gelegen und ein kleines 2.000 Seelen Dörfchen. Die Anfahrt zu dem so hoch gepriesenen Plätzchen ist genau nach meinem Geschmack. Es geht steil bergab, und das bei einer Strassenbreite von gerade mal gut 2 Metern. Na toll, zum Glück ist dieses Stück nur 1 Kilometer lang und es kommt ausnahmsweise mal kein Gegenverkehr. Unten angekommen eröffnet sich uns ein wunderschönes Plätzchen direkt am Meer. Das nenn ich mal wirklich sehr idyllisch.Wir platzieren Frida und holen unsere Stühle raus. Vielleicht haben wir ja ein bisschen Glück und bekommen ein paar Sonnenstrahlen ab. Kaum setzen wir uns mit dem Kaffee auf unsere Hocker, springt Rene wie von der Tarantel gestochen auf und zeigt Richtung Meer raus und sagt aufgeregt ich soll da hinschauen. Ich traue meinen Augen kaum. Direkt vor unserer Nase schwimmt eine riesige Schule von Delphinen vorbei. Es sind sicher 10-15 Tiere, die da an uns vorbeiziehen und auch noch Kunststückchen im Wasser aufführen. Wie kitschig ist das den bitte? Ein traumhafter Stellplatz und dann noch freie Sicht auf Delphine. Es ist unglaublich welches Glück wir haben und was wir hier in Schottland alles erleben dürfen und an was für wunderbare Orte wir kommen können. Wir verbringen eine sehr ruhige Nacht hier, einzig das leichte Meeresrauschen ist zu hören. Die Sonne weckt uns früh morgens und wir können endlich mal einen Kaffee draussen geniessen ohne uns dick und fett in Jacke und Kappe einpacken zu müssen. Wir beschliessen kurzerhand auch noch den Sonntag hier zu verbringen, da wir uns von diesem herrlichen Ort einfach noch nicht trennen wollen. Am Nachmittag spazieren wir entlang des Küstenweges und beobachten die Wasservögel und eine einsame Robbe. Pünktlich zu unserer Rückkehr und mit einem Kaffee in der Hand, schwimmt auch schon wieder eine Delphinschule an uns vorbei. Kann mich bitte mal jemand kneifen. Ist das wirklich real, was hier gerade passiert?
Portsoy, im Mai 2022
Liebe Grüsse
Liebe Grüsse
Magdalena
Reiseroute
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