Unsterbliche Ungeheuer
5. Juni 2022Zurück in der Arbeitswelt
2. Juli 2022Potter, Bond und Pipes
Obgleich wir von verschiedenen Orten kommen und verschiedene Sprachen sprechen, unsere Herzen schlagen gemeinsam.
08. Juni 2022 - Reisetagebuch Eintrag #91
- POTTER, BOND UND PIPES | geschrieben von Rene
An einem Rastplatz hole ich unerwartet den Dudelsack aus unserem Wohnmobil. In Glenfinnan machen wir am berühmten Viadukt, über den der Hogwarts Express fährt, Bekanntschaft mit Schottlands lästigsten Plagegeistern: Midges. In Glencoe suchen wir das mysthische Skyfall und treten in die Fussstapfen des wohl berühmtesten Geheimagenten der Welt: James Bond
Spontaneinsatz
Wem Glenfinnan nichts sagt, der befindet sich vermutlich in guter Gesellschaft. Ich habe es auch nicht gekannt. Aber ich bin mir ziemlich sicher, sobald klar ist, WAS wir dort sehen möchten, dürfte es fast allen unseren Blog-Lesern ein Begriff sein. Auf dem Weg dorthin kommen wir in der Nähe von Glengarry an einem Rastplatz vorbei, der eine schöne Aussicht verspricht. Doch als ich einen einsamen Dudelsackspieler auf der Wiese erspähe, steige ich sofort auf die Klötze. Klar, da muss ich natürlich hin. Also gut, so ganz einsam ist er nicht. Eine ganze Schar an Touristen umzingelt den freundlichen Herren im Kilt. Er nimmt gerne Musikwünsche entgegen spielt dem begeisterten Publikum die Lieder aus seinem Repertoire. Ich komme schlussendlich mit ihm zum Reden und wir unterhalten uns ausgezeichnet. Natürlich erzähle ich ihm, dass ich selbst auch Dudelsack spiele, und so dauert es nicht lange, bis er darauf besteht, dass ich meine «Pipe» aus dem Wohnmobil hole. Schlussendlich spielen wir ein paar Lieder zusammen, was sich nach so langer Zeit echt wieder gut anfühlt. Ich habe schon ewig nicht mehr vor Publikum gespielt. Aber das Trinkgeld, das die Leute in seinen Pipe-Koffer werfen, behält er für sich. Haha, nein Scherz – ich hätte ohnehin nichts angenommen. Wir verabschieden uns von Alexander – so heisst der gute Piper – und ich bedanke mich freundlich bei ihm. Es war wirklich ein schöner Moment, in Schottland mit einem Schotten gemeinsam auf dem Dudelsack zu spielen.
Wir bleiben wenig später erneut stehen, und zwar am Gemeindehaus einer kleinen Ortschaft. Dort bekommen wir dringend benötigtes Frischwasser. Diese Versorgungsstellen sind zwar selten, aber dennoch sind sie vorhanden. Der Trinkwasserhahn ist gerade belegt. Ein Van mit deutschem Kennzeichen füllt gerade seinen Wasservorrat. Natürlich muss ich das junge Paar anquatschen. Tja, und was soll ich sagen – aus «kurz mal Wasserfüllen» werden 1 ½ Stunden. Sveni und Basti, so heissen die beiden, kommen gerade von Irland und leben seit gut einem Jahr mit Schäfer Pepper im Van. Und da sie im Sommer nach Kanada gehen und dann die Panamerica machen wollen, geht uns der Gesprächsstoff nicht aus. Ich bin mir ziemlich sicher, wir hätten noch stundenlang weiterquatschen können. Leider befinden sich heute unsere Ziele in entgegengesetzter Richtung: sie wollen zur Isle of Skye, wir nach Glenfinnan. Sehr schade, aber ich hoffe wir sehen die drei von Neuland.Stories bald wieder.
Glenfinnan
Jetzt aber endlich zu Glenfinnan. Also – was gibt es dort Spannendes zu entdecken? Kurz und knapp: ein Viadukt. Aber nicht irgendeines, sondern DAS Eisenbahnviadukt schlechthin. Na, klingelt schon etwas? Also, machen wir es nicht spannender als es sein muss: Harry Potter-Fans wissen längst, was gemeint ist – und alle anderen jetzt vermutlich auch: Es geht wieder einmal um den Hogwarts-Express und die berühmte Dampflokomotive, die drüberfährt. Ich erspare es euch, die geschichtlichen Hintergründe über das Viadukt selbst anzuführen.
Wir übernachten ganz in der Nähe von Glenfinnan, da die Wetteraussichten für den Folgetag viel besser sind als für den Aktuellen. Zudem hätten wir es ohnehin nicht mehr geschafft, da es schon bald 17 Uhr ist. Magdalena hat wieder einmal Panik, dass wir keinen Parkplatz bekommen. Wir wollen eigentlich nicht auf dem offiziellen Besucherparkplatz stehen, weil der einfach mal 6 Pfund kostet. Auch wenn man nur 10 Minuten bleibt. Solche Dinge versuchen wir auf unserer Reise wirklich zu vermeiden. Also nehmen wir stattdessen eine kleine Wanderung in Kauf, parken etwa 3 Meilen entfernt auf einem kostenlosen Wanderparkplatz. Und dieser soll angeblich immer sehr schnell überfüllt sein, da das offensichtlich einige so machen. Also stellen wir den Wecker auf 7 Uhr und fahren sofort los. Die Sorge war wieder einmal komplett unbegründet, denn der Platz ist so gut wie leer. Es gibt also jetzt erstmal Frühstück, denn der erste Zug (und somit unser begehrtes Fotomotiv) fährt erst um 10:50 Uhr über die Schwellen. Als wir wieder einmal über Kosten und vor allem das potentielle Einsparen derselbigen reden, bringe ich zur Sprache, dass ich wirklich froh bin, eine so billige Frau zu haben. Ich stelle daraufhin ziemlich schnell fest, dass dies nicht die Sätze sind, die (m)eine Frau hören möchte. Alle Korrektur- und Beschwichtigungsversuche machen es nur noch schlimmer und ich komm aus der Nummer nicht mehr heil raus. Für die nächsten Tage darf ich den Abwasch übernehmen.
Es geht jetzt also los, Rucksack ist vorbereitet und alles eingepackt. Die Gehzeit zum Ausgangspunkt (Besucherzentrum und Parkplatz) ist etwa 45 Minuten. Wir spazieren gemütlich dorthin. Als wir ankommen fängt Magdalena aufgeregt und unkoordiniert an, in ihrem Handy rauszusuchen, wo der beste Aussichtspunkt ist. So ein Unsinn. Ich sage ihr, sie soll sich nicht so anstellen. Es gibt garantiert genügend Hinweisschilder – und siehe da: da ist bereits dick und fett «Viewpoint» angeschrieben. Na wer sagts denn, man kann auch einfach mal etwas spontan machen. Der Zug kommt in etwa 20 Minuten hier durch, dann muss die Kamera parat sein.
Als wir nach etwa 5 Minuten Aufstieg auf dem Viewpoint ankommen, stehen da schon ein paar andere ratlose Gesichter rum. Ich weiss auch gleich, warum: die Aussicht zum Viadukt ist zwar brauchbar, aber sicher nicht die Ansicht, die wir uns erhofft hatten. Es ist viel zu weit weg, von hier bräuchten wir ein Teleskop, um ordentlich was zu sehen. Vielleicht ist dieser Viewpoint doch nicht so gut, wie ich dachte. Ich nehme mal mein Handy raus und schaue, ob ich noch was anderes finden kann. Ich ernte ziemlich böse Blicke von meiner besseren Hälfte. Sie hat natürlich schon mal alles rausgesucht, aber so ganz eindeutig sind die Anweisungen aus dem Netz nicht. Wir entscheiden uns, diesen Viewpoint zu verlassen und der Strasse entlang zu gehen. Die Wegbeschreibungen der Seiten im Internet geben nichts Brauchbares aus. Also hetzen wir runter und auf den Weg, der zum Viadukt führt. Als wir kurz davorstehen, faselt ein Internet-Blogeintrag etwas von «unter der Brücke durch» und «links» und dann «rechts» und durch ein Tor und ein Pfosten und ein Gatter und weiss Gott was noch alles für einen Schmarren. In 10 Minuten kommt der Zug durch – und der nächste dann erst wieder 5 ½ Stunden später. Na toll. Wir irren umher wie die Hühner: links oder rechts??? Okay, wir entscheiden uns für links. Nicht gerade wenig Leute stehen schon verteilt überall auf den umliegenden Hügeln herum, doch wie es aussieht haben wir uns tatsächlich für die richtige Seite entschieden. Als wir auf dem Berg ankommen, haben wir eine hervorragende Sicht auf das gebogene Viadukt und sind froh, dass wir es noch geschafft haben.
Dank Zugverspätung haben wir sogar noch ein paar Minuten Zeit, um alles herzurichten und einzustellen. Unsere Videokamera, die DJI Osmo Pocket, kommt auf ein Stativ, damit ich die Hände dann freihabe für die Fotos mit dem Handy. Natürlich fängt es jetzt an zu regnen und wir müssen einen Schirm über die Kamera halten, da sie kein Wasser mag. Jetzt ist wirklich alles perfekt. Sind zwar ziemlich viel Leute um uns herum, aber unsere Sicht ist genial, die Kamera ausgerichtet und bereit für Aufnahme. Wir haben zwar alle Hände voll – mit Handy, Regenschirm, Rucksack – aber jetzt kann nichts mehr schiefgehen. Wir hören den Zug, der sich mit einem Pfeifsignal nähert. Endlich!
Ich drücke bei der Videokamera auf dem Stativ auf «Aufnahme», damit ich dann bereit bin, mit dem Handy Fotos zu machen. Als der Zug aus der Ferne anrollt, entscheidet sich eine Touristin spontan, dass der Platz, an dem sie vorher gestanden ist, nicht gut genug ist und spaziert mit ihrem Sohn direkt in das Bild meiner Videokamera. Sie sieht von dort genau das gleiche wie von ihrem alten Platz, nur eben, dass sie jetzt genau vor meiner Linse steht. «Wooow, loooook at that train. He’s comming…can you see him?» NEIN kann ich nicht, du Wachtel!!! Schieb ab zum Geier!! Das darf jetzt einfach nicht wahr sein. Auf «Hallo» und «hey» reagiert sie nicht und am liebsten würde ich sie den Hang runterschubsen. Aber es hätte zu viele Zeugen gegeben.
Genervt packe ich das Stativ und gehe drei Schritte weiter runter, vor sie, damit sie mit ihrer knallroten Jacke nicht mehr im Bild ist. Manche Leute sind echt dämlich im Kopf. Na gut, jetzt passt endlich alles, die Kamera läuft auf Aufnahme und ich bin bereit mit dem Handy. Schlussendlich geht alles gut und wir bekommen unsere Erinnerungsbilder so, wie wir sie uns vorgestellt haben.
Nun ist der ganze Zauber vorbei und die Menschenscharen verlassen den Hang in Richtung Parkplatz, wo ihre Busse schon auf sie warten. Wir denken uns, dass es eine super Idee wäre, wenn wir jetzt unter dem Viadukt unseren Tee auspacken und gemütlich trinken. Da sind wir im trockenen, denn der Regen hat noch nicht nachgelassen. Als wir es uns bequem gemacht haben kommen wir das erste Mal so richtig in den Kontakt mit den kleinen Plagegeistern, die hier in Schottland millionenfach, oder vermutlich milliardenfach herumfliegen: Midges. Die kleinen Stechmücken sind gerademal 2 mm lang, und ihr Biss ist vergleichbar mit einem Mückenstich. Ja, richtig gelesen: die Mistviecher beissen! Sie haben spezielle Unterkiefer, mit denen sie sich in die Haut schneiden und dann das Blut aus den Gefässen saugen. Damit das schneller geht, pumpt sie ihren Histamin-Speichel in die Wunde, das die Blutgefässe erweitert und eine juckende Stelle verursacht, die recht lange anhält. Angezogen werden die Biester von Atem, genauer gesagt das ausgeatmete Kohlendioxid. Das riechen sie im Umkreis von gut hundert Metern. Wer stehen bleibt, hat verloren. Und so geht es uns, als es über uns immer dunkler wird und die Biester überall sind, wo wir hinschauen. Wir packen ziemlich schnell wieder zusammen und verschieben unseren Tee auf ein anderes Mal.
Für den Rückweg suchen wir uns einen idyllischen Wanderweg raus, damit wir nicht wieder an der vielbefahrenen Strasse laufen müssen. Als wir gut 1 km im Wald sind, stehen wir plötzlich vor einer gesperrten Brücke. Nach der ganzen nervenaufreibenden Sache von vorhin habe ich jetzt wirklich keine Lust mehr, umzukehren. Ich steige über die Absperrung und laufe über die gesperrte Holzbrücke. Es wäre zwar typisch für mich gewesen, aber heute passiert nichts. Die Brücke stürzt nicht ein, ich verletze mich nicht und ich blute nirgends. Sogar meine zweifelnde Ehefrau kann ich überzeugen, und sie folgt mir über die gesperrte Brücke. Gut 45 Minuten später erreichen wir wieder unser fahrendes Zuhause und freuen uns, dass alles so gut geklappt hat.
Glencoe
Wegen Glencoe haben wir unsere Reisepläne bereits einmal verschoben. Vor einigen Wochen sind wir – als die Wettervorhersage nichts als Regen angezeigt hat – von der West- an die Ostseite gewechselt, wo es dann doch um einiges freundlicher war. Glencoe soll ein wunderschönes Hochlandgebiet sein, und das möchte ich unbedingt bei trockenem Wetter und idealerweise bei etwas Sonne sehen. Vielleicht die ein oder andere Wanderung machen. Genau deswegen haben wir es uns aufgehoben, und nun ist es wieder soweit. Nur leider hat sich an der Situation selbst nichts geändert. Die Vorhersage ist wieder enorm konstant: Regen von früh bis spät. Sonnenfenster gibt es keine. Jetzt gibt es aber keinen anderen Weg mehr. Wir fahren nach Glencoe und die Vorhersage sollte Recht behalten. Grau, nebelig, regnerisch. Aber es lässt sich nun mal nicht ändern. Wir fahren einige Kilometer, die Gegend ist wunderschön und ich kann nur erahnen wie es aussähe, wenn die Sonne durchkommt. Es gibt aber noch einen Grund, warum ich mir die Glencoe-Gegend anschauen möchte. In dieser mystischen Gegend wurde vor einigen Jahren einige Szenen von Skyfall (James Bond) gedreht. Vielleicht wissen es die ein- oder anderen schon, aber ich bin Filmfan. Natürlich nur von guten Filmen. Und die Szene, als Daniel Craig alias James Bond mit Judy Dench alias M in den Bergen der schottischen Highlands steht, ist mir irgendwie im Gedächtnis geblieben. Es führt also kein Weg vorbei, wir müssen auf die Skyfall-Route. Regen oder Sonne, das spielt keine Rolle.
Doch heute schüttet es unaufhörlich. Wir entscheiden uns, an einer Ski-Station, welche auch im Sommer in Betrieb ist, vorbeizuschauen. Wir haben gehört, dass man dort die Camping-Toilette entsorgen kann (das ist wirklich nicht ganz so einfach in Schottland), und wo es auch heisse Duschen zu einem günstigen Preis gibt. Ja, wir haben zwar Duschen an Board, aber für einen Pfund tun wir uns den ganzen Aufwand mit Wasser aufheizen und dem drum herum nicht an. Ganz zu schweigen davon, dass wir dann wieder auf die Suche nach Wasser gehen müssen, denn natürlich zieht die Dusche das Wasser von unserem Trinkwasservorrat. Ich würde unseren Erfolg als 50:50 beschreiben: Duschen gibt es tatsächlich um 1 Pfund für 5 Minuten (das ist zwar nicht viel Zeit, aber fair für heisses Wasser) – und auch eine Toilettenentsorgung ist möglich, aber dafür sind satte 5 Pfund(!!) fällig. 6 Euro für kurz mal das Klo ausleeren. Ach ja, wer «normal» auf die Toilette geht, bezahlt übrigens nichts. Das fällt schon fast unter Diebstahl. Egal, es muss weg, koste es was es wolle. Schlussendlich habe ich mir das dann mit einem anderen Gast geteilt, so hat es zumindest nur die Hälfte gekostet, und das war noch genug.
Dafür sind wir jetzt wieder frisch, sauber und die Toilette ist leer. Aber wir haben immer noch das Regenproblem. Für den folgenden Tag ist die Wettervorhersage allerdings viel besser. Generell stellen wir fest, dass die Vorhersage IMMER für den Folgetag besser ist. Nur leider tritt das nie ein. Wir wollen es trotzdem versuchen, und da ohnehin schon wieder 17 Uhr ist entscheiden wir uns, hier in den Glencoe-Highlands zu übernachten und die vermeintliche Sonne für den folgenden Tag auszunutzen.
Natürlich stimmt die Vorhersage nicht. Als wir am nächsten Morgen aufwachen hören wir schon wieder (oder immer noch) die Regentropfen auf unserem Dach. Ein kurzer Blick in die Wetterapp verrät uns dann auch, dass erst am NÄCHSTEN Tag die Sonne scheinen soll. Egal, noch länger können wir nicht warten.
Skyfall
Die «Skyfall» Strecke, an der die Bond-Szenen gedreht wurden, ist nur einspurig. Eine Strasse, die schlussendlich in eine Sackgasse endet, aber trotzdem erwarte ich mir einiges an Verkehr, da viele Touris die Strecke mit ihren Mietautos abfahren. Klar, wollen wir ja auch. Deswegen möchte ich eher etwas früher starten, um nicht in den Touristenverkehr zu kommen. Und was soll ich sagen: es ist tatsächlich eine unglaublich schöne Kulisse. Wieder einmal denken wir, wir stehen im (oder besser gesagt fahren durch den) Märchenwald. Ehrfürchtig tasten wir uns im Schritttempo durch das Glen Etive, wo sich links und rechts die Hügel auftürmen. In der Mitte ein Fluss, und von allen Seiten die Wasserfälle. Fantastisch, da kann uns jetzt nicht mal mehr der Regen die Stimmung versauen.
Dank Google finden wir genau die Stelle, an der die Szene gedreht wurde. Ich habe mir in den Kopf gesetzt, ein Bild aus genau derselben Perspektive zu machen. Natürlich mit mir selbst als Hauptfigur, da Daniel Craig gerade nicht zur Verfügung steht. Wir springen aus dem Wohnmobil, Magdalena mit Handy bewaffnet, ich – mangels Anzug – mit einem dünnen Langarmshirt. Aber wenigstens ist es schwarz. Leider habe ich auch keine schwarze Hose, also muss meine Jeans herhalten. Damit es wenigstens ein bisschen förmlich aussieht, trage ich meinen Hut, der mir wenigstens ein bisschen den Regen aus dem Gesicht hält.
Zunächst müssen wir den gleichen Winkel finden, was nicht so einfach ist. Aber schlussendlich haben wir die Perspektive und Magdalena drückt ein paar Mal ab. Wir sind ziemlich nass, rennen zurück zum Wohnmobil und schauen uns das Ergebnis an. Doch so ganz zufrieden bin ich nicht. Es deckt sich nicht genau mit der Vorlage. Da meine Frau jeden Scheiss immer mitmacht, brauche ich sie nicht lange zu überreden. Nochmal alles von vorne: raus, neue Position finden und ein bisschen variieren. Mittlerweile tropfen wir beide und sind klatschnass. Wieder im Wohnmobil stelle ich fest, dass es schon ziemlich gut am Original ist. Aber halt eben nur «ziemlich».
Zugegeben, ich wäre jetzt weitergefahren, hätte Magdalena nicht gesagt, dass sie für mich noch ein drittes Mal bei klirrenden 8 Grad und strömenden Regen da rausgehen würde. Also dann – bescheuert genug sind wir und stellen uns ein drittes Mal an die vermeintliche Stelle. Zu meiner Verteidigung muss ich sagen sind wir nicht die einzigen. Es kommen immer wieder mal andere Touristen durch, die dasselbe Foto machen wollen. Allerdings sind die wohl nicht so penibel wie wir. Beim dritten Anlauf bin ich mit dem Ergebnis dann rundum zufrieden. M wäre stolz auf mich, Daniel neidisch, und Magdalena hasst mich vermutlich, aber so sind wir zwei eben. Nun geht es weiter, wir fahren einige Kilometer die «Skyfall-Strecke» mit der Heizung im Anschlag und versuchen, trocken zu werden, bevor es schlussendlich wieder auf die Glencoe-Hauptstrasse geht und wir über uns selber lachen. Irgendwie ist es schön, verrückt zu sein.
Caerlaverock Castle
Unser Weg führt uns nun wieder Richtung Süden. Natürlich noch nicht ganz «DER Süden», aber zumindest das südlichere Schottland. Wir fahren am Loch Lomond vorbei über Glasgow in die Nähe von Dumfries, schon fast wieder an der englischen Grenze und verbringen zwei Tage am Caerlaverock Castle.
Das Schloss mit der ungewöhnlichen Bauform - dreieckig und von einem tiefen Wassergraben umgeben - war und ist bis heute aussergewöhnlich. Kurz nach der Fertigstellung verhärtete sich der Konflikt zwischen Robert the Bruce und Edward I. von England. Um 1300 machte sich Edward dann auf, um seine Stellungen im Norden zu festigen. Eines seiner ersten Ziele: Caervalerock Castle. Geschätzte 3.000 Englische Soldaten stellten sich den 60 Mann des Maxwell-Clans, die eigentlich eine friedvolle Übernahme angestrebt hatten. Doch die kriegswilligen Engländer beschossen die Festung mit ihren Gefechtsmaschinen und konnten die Burg nach 2 Tagen einnehmen. Gegen 1312 fiel die Burg jedoch unter der Führung von Robert the Bruce erneut an Schottland und die Maxwells zogen wieder ein.
Nach einigen Angriffen im Lauf der kommenden Jahrhunderte wurde sie letztendlich im Bürgerkrieg um 1640 schwer zerstört und seither dem Verfall preisgegeben. Erst 1946 wurden umfangreiche Erhaltungsarbeiten unternommen und die Anlage in die Obhut von Historc Scotland übergeben. Leider war die Burg bei unserem Besuch wegen erneuter Erhaltungsarbeiten nicht zugänglich und für uns nur von aussen zu besichtigen. Trotzdem war es ein sehr lohnenswertes Ausflugsziel.
Abschied
Unser Schottland-Abenteuer nähert sich dem Ende. Eigentlich wollen wir gar nicht so recht raus aus diesem wunderschönen Gebiet, und es gäbe noch so vieles zu entdecken, zu erkunden und zu erforschen. Dieses spannende Land, die freundlichen Leute und die ehrenvolle Geschichte haben uns wirklich in ihren Bann gezogen, doch leider haben wir Zeitdruck. Warum genau, und wo wir so dringend hinmüssen, das lest ihr in einem unserer kommenden Berichte. Für uns bleibt zu sagen: Danke Schottland, du wunderbares Land – wir werden dich in guter Erinnerung behalten! Vielleicht kommen wir eines Tages wieder.
Liebe Grüsse
Reiseroute
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