Schiff ahoi! Auf zu neuen Ufern
18. Juli 2021Portugal und Ich – Ein Sommer(alp)traum? Teil 2
31. Juli 2021Portugal und Ich – Ein Sommer(alp)traum? Teil 1
Der Zweifel ist das Wartezimmer der Erkenntnis
28. Juli 2021 - Reisetagebuch Eintrag #54
- PORTUGAL UND ICH - TEIL 1 | geschrieben von Rene
a) Liebe auf den ersten Blick (keine weitere Erklärung notwendig, Schmetterlinge und so)
b) Anfängliche Sympathie, die sich früher oder später vielleicht zu Liebe entwickelt
c) Neutralität («geht so», «nett», «OK») mit unbekanntem Ausgang («…Freunde?»)
d) Sofortige Abneigung und Antipathie. Liebe für immer und ewig ausgeschlossen. Die Leute, deren Nummer du in Deinem Telefonbuch nicht gespeichert haben willst.
Ohne ein Liebespädagoge zu sein würde ich weiters behaupten, dass aus c) selten und d) so gut wie nie eine bodenständige Beziehung entsteht. Aber auszuschliessen ist es nicht.
Ich bin bei Portugal irgendwas zwischen b und c. Eher ein bisschen mehr c. Wer kennt das nicht? Es ist wie die Party, auf die man sich monatelang freut, für die man sich dann herausputzt ohne Ende und es kaum erwarten kann, bis es endlich los geht – und dann ist es der totale Reinfall. Langweilig, schrecklich, enttäuschend, man möchte am liebsten gleich wieder nach Hause. Komische Leute, doofe Mucke, warmes Bier. Und so geht es mir ein bisschen mit Portugal. Die Party, auf die ich mich gefreut habe. Ich habe keine Ahnung, ob es noch besser wird, ob man sich besaufen muss, damit es lustig wird oder ob es auch über der Promillegrenze so bleibt wie es ist.
Okay jetzt aber mal langsam. Wir sind jetzt seit gerade mal 16 Tage in Portugal, also knappe zwei Wochen. Es hat schon holprig angefangen, die Geschichte mit Mertola, Alcoutim und Serpa – wo wir das erste Mal auf unserer Reise keinen Platz für uns und unsere Frida bekommen haben, obwohl der Platz fast leer war. Luis war dafür definitiv ein Glücksgriff und hat wieder einiges gut gemacht. Doch jetzt sind wir an der Algarve, der südlichen Küste von Portugal (es gibt auch eine «West-Algarve», die ist aber erst unser nächstes Reiseziel). Na ja, so richtig willkommen fühlt man sich hier nicht. Zumindest nicht mit dem Wohnmobil. Es sind die vielen kleinen Dinge, die kleinen Nadelstiche, die bei uns den gemischten Eindruck hervorrufen.
Beispiel? Kreisverkehr. Während es in Spanien kein Problem darstellt, sich bei einem mehrspurigen Kreisverkehr in die rechte Spur einzuordnen, auch wenn man ihn NICHT an der ersten Ausfahrt verlässt, glauben die Portugiesen sie müssen einen belehren und vor allem behupen. Portugiesische Kreisverkehrkunde: Nur wer einen mehrspurigen Kreisverkehr an der ERSTEN Ausfahrt verlässt, «darf» sich auf der ganz rechten Spur einordnen. Ansonsten ist die mittlere bzw. linke zu wählen, die dann logischerweise auch im Kreisverkehr selbst in einer der inneren Spuren mündet. Anschliessend muss dann bei der angepeilten Ausfahrt von der Inneren über die äussere Spur abfahren. So weit so gut und macht auch Sinn – mit einem PKW! Aber, ihr lieben, superschlauen Portugiesen – macht das mal mit einem Wohnmobil, Transporter oder einem LKW, das/der
- erstens mal einen ganz anderen Wendekreis hat,
- zweitens ein ganz klein bisschen länger ist als euer schnuckeliger Toyota Aygo und
- drittens mit dem man nicht so superflockig über die rechte Schulter schauen kann, ob da noch ein geisteskranker Organspender mit seinem Moped, Motorrad oder Rennsemmel meint er müsse noch schnell rechts aussen überholen.
Stattdessen wird umgehend gehupt und die Faust gezeigt, wenn man die rechte Spur nimmt und nicht gleich an der ersten Ausfahrt ausfährt. Ja, nerviges Thema, kann man aber verschmerzen. Man gewöhnt sich dran, angehupt zu werden und es ist mir ziemlich schnurzpiepegal. Aber das haben wir bisher nur in Portugal erlebt.Die Algarve lockt im Werbeprospekt mit Traumständen, Felsküsten und Höhlen. Alles wunderbar. Ist es auch – wenn man hinkommt. Was wir schon vielfach gehört haben, bestätigt sich nun. Nachdem in Portugal seit 2021 das Gesetz des Freistehens viel schärfer kontrolliert und geahndet wird, ist man ohnehin gezwungen, auf einen Stellplatz oder Campingplatz auszuweichen. Das ist ja an sich kein Problem. Aber sich an der Algarve mit dem Wohnmobil oder Van zu bewegen, macht – wenn es überhaupt möglich ist – keinen Spass. An jeder Ecke sind die «Wohnmobile, Vans und Wohnwagen verboten»-Schilder. Nahezu jede Strasse, die irgendwo an einen mehr oder minder interessanten Küstenabschnitt führt, ist für grössere Fahrzeuge gesperrt und verboten. Und da meine ich nicht «übernachten» - nein, schon das BEFAHREN ist nicht gestattet.
Aber fangen wir in der Zeitleiste mal vorne an. Nach den wunderbaren Tagen bei Luis auf seinem privaten Stellplatz fahren wir nach Tavira. Marianne begleitet uns. Das kleine Städtchen ist nicht allzu gross und wirklich nett anzusehen. Die Brücken über dem Fluss sind eines der (Foto)Highlights. Die Fahrt von unserem Stellplatz zur Innenstadt bewältigen wir einmal mehr mit unseren Bikes. Das Zentrum ist überschaubar, und so lassen wir uns einfach Zeit um alles zu erkunden. Am Rio Gilão – dem Fluss der Quer durch die Stadt fliesst – sehen wir ein echt ungewöhnliches Tier das in der Nähe des Ufers entlangschwimmt. Beim Anblick denken wir alle sofort dasselbe: BATMAN! Echt witzig, keiner von uns hat je etwas in der Art gesehen. Es sieht irgendwie aus wie eine Schnecke oder Qualle, ist ungefähr 20 cm gross und schwarz. Und hat einen im Wasser wehenden Umhang! Wir verfolgen das Tierchen eine ganz Weile lang, machen Fotos um später vielleicht jemanden zu fragen, was das sein könnte. Dank Google kommen wir aber dann doch selbst drauf. Es handelt sich um einen gefleckten Seehasen. Für alle, die sich darunter genauso wenig vorstellen konnten wie wir davor, hier ein kurzes Video (das allerdings nicht von uns stammt):
Am nächsten Tag zieht es uns zum Strand, der in Tavira leider nur mit etwas grösserer Mühe zu erreichen ist. Der Strand in Tavira selbst ist ohnehin nur über eine Fähre zu erreichen, aber der Nachbarort Santa Luzia hat einen direkten Zugang. Wir legen erstmal einige Kilometer zurück, bevor wir dann über eine Brücke zu einer kleinen Bahnstation kommen. Hier kann man sich wahlweise bequem per Zug oder (einigermassen bequem) zu Fuss zum Strand begeben. Wir entschliessen uns für den Fussmarsch und die gut 1,5 km sind schnell hinter uns gebracht. Der Strand selbst ist dann wirklich riesig, einige Kilometer lang, feinsandig und sehr schön. Was nicht so schön ist, ist das Wasser. Und das ist irgendwie auch das nächste Problem, das wir bisher nicht kannten. Dieser (und auch einige der nachfolgenden Strände, die wir besucht haben) sind wirklich sehr stark von Algen durchsetzt. Das Seegras schwimmt tonnenweise vor der Küste. Wer ins Wasser möchte, muss sich erstmal durch die eklige, stinkende grauschwarze Gras-Algen-Wulst durchkämpfen. Ich muss nicht erwähnen, dass neben dem biologischen Seegras auch jede Menge nichtbiologischer Abfall treibt. Nicht wirklich appetitlich. An den portugiesischen Stränden gibt es selten eine Dusche oder WC. Nur wenn eine Bar oder Restaurant in der Nähe ist, kann man Glück haben (der Verzehr eines Produktes natürlich vorausgesetzt). Ja, auch das sind Dinge, die wir von Spanien schon gewöhnt waren. Gut, sei’s drum – der Besuch am Strand ist trotzdem schön.
Am nächsten Tag geht es dann aber auch weiter, weil uns die «echte Algarve» noch fehlt – die Felsen, Steilküsten und wunderschönen Strände aus den Werbeprospekten. Es geht zum Praia da Falésia, etwa 13 km östlich der Stadt Albufeira. Hier bekommen wir einen kleinen Vorgeschmack auf die wirklich schönen Gebiete. Der Stellplatz ist – das wundert uns nicht – sehr gut besucht. Er liegt direkt am schönen, feinsandigen Strand mit einer wunderschönen, rot-beigen Steilküste. Der Zugang über die Holztreppen ist schon ein Highlight, dass den Aufenthalt hier im Camperpark mehr als rechtfertigt.
Unser Plan für die nächsten Tage: wir benutzen Mariannes Camper, um an die Ziele unserer Wahl zu kommen. Ihr VW-Bus ist wesentlich kompakter als unsere dicke Frida. Wir sollten Recht behalten. Wären die meisten Zufahrten zu den Stränden für Campingfahrzeuge nicht ohnehin gesperrt, wären wir bei den engen Strassen irgendwann sowieso nicht mehr weitergekommen.
Zuerst geht es aber nach Vilamoura, dass wir von unserem Stellplatz noch per Fahrrad erreichen. Der typische Urlaubsort hat alles zu bieten, was der anspruchsvolle Tourist erwartet. Golfplatz, Casino, Bars und Restaurants, und natürlich einen Strand. Und bescheuerte Autofahrer. Einer davon überholt uns alle, um kurz darauf abrupt abzubremsen und stehen zu bleiben, weil er einen Parkplatz sieht. Er weiss aber selbst nicht, ob er links oder rechts möchte – ich weiss nicht, ob ich links oder rechts vorbeifahren soll und als ich ansetze zum rechts vorbeizufahren macht er irgendwas Unkontrolliertes. Mich hauts fast vom Fahrrad, kann es noch abfangen aber schlage ziemlich hart mit meinem grossen Zeh auf den Randstein. Na fein, besten Dank du Trottel. Der restliche Tag verläuft dann zum Glück weniger spektakulär und wir erkunden den All-Inclusive-Urlaubsort, der aber irgendwie nicht sehr authentisch wirkt.
Weiter geht’s in Teil 2 von «Ich und Portugal – Ein Sommer(alp)traum?»
Liebe Grüsse
Reiseroute
08. Juli - 10. Juli 2021Tavira
PT10. Juli 2021Albufeira
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