Auf den Spuren der Päpste
5. Dezember 2020Eine Welt voller Schranken
19. Dezember 2020Die Römer in Frankreich: Pont du Gard und Saint Roman
Aut viam inveniam aut faciam! (Entweder ich finde einen Weg oder ich baue einen!)
12. Dezember 2020
Die Römer in Frankreich: Pont du Gard und Saint Roman ¦ Geschrieben von Rene
Pont du Gard
Auf geht es zu einer der Grands Sites De France: Pont du Gard – sprich «Pohdügahr». Meinen allertiefsten Respekt vor den Menschen, die erfolgreich französisch gelernt haben. Eine Sprache, die zunächst mal komplett anders gesprochen als geschrieben wird. Wörter mit gefühlten 28 Buchstaben, bei denen man nur den ersten und den vielleicht vierten Buchstaben tatsächlich ausspricht. Chateaux, äh pardon: Chapeau. Immerhin konnte ich mir einen sehr wichtigen Satz auf Französisch selbst beibringen: «Schöne Parle Pafrosäh» (Je ne parle pas francais). Mit diesem Satz erkläre ich jedem, der es wissen möchte, dass ich kein Französisch spreche – und das auf Französisch! Es wird scheinbar verstanden, zumindest nehmen es die meisten Franzosen wohlwollend mit einem leicht lächelnden Nicken auf. Es könnte aber auch sein, dass ich ihnen mit diesem Satz erkläre, dass der Hamster meines Onkels unseren Fernseher gefressen hat. Wie auch immer – die meisten reden dann munter weiter drauf los, denn es ist ja gelogen, dass ich kein Französisch kann. Halt nur diesen einen Satz. Ich drehe mich im Kreis – kommen wir zurück zu unserer Reise: Pont du Gard.
Das hat mir vorerst mal überhaupt nichts gesagt. Gard klingt für mich nach Garde – also dachte ich an eine Wachablöse. Weiter weg hätte ich mit meiner Vermutung nicht liegen können. Pont ist auf Deutsch die Brücke, und Gard ist ein Fluss. Ergo: Brücke über den Fluss «Gard». So einfach. Und als ich dann ein Bild davon gesehen habe, hatte ich sofort das Gefühl, dieses Bauwerk schon tausende Male auf Bildern und Berichten gesehen zu haben. Umso grösser ist die Vorfreude – denn, wie schon mehrfach erwähnt, bin ich ein grosser Geschichtsfan, und der altrömische Einfluss ist hier in der Provence überall und an jeder noch so kleinen Ecke spürbar. Nach unserem Frühstück machen wir uns auf den Weg, der nicht besonders lange ist. Gerade mal 20 Minuten brauchen wir von unserem Stellplatz bis zum Parkplatz dieser römischen Glanzleistung der Baukunst. Ein Tipp für alle, die vielleicht ebenfalls vorhaben, den Ort zu besuchen: wer das Eintrittsticket auf der offiziellen Seite /www.pontdugard.fr/de vorab im Internet kauft, kommt etwas günstiger davon und spart sich den ein oder anderen Euro. Zudem ist im Ticketpreis auch die Gebühr für den Parkplatz enthalten.
Mit dem gekauften Ticket sollte man bei Parkplatz den Barcode scannen und dann durch die Schranke fahren können. So viel zur Theorie. Wir haben den QR-Code am Handy und versuchen etwa 3 Minuten lang, den Leser vor der Schranke davon zu überzeugen, dass er das auch vom Handydisplay ablesen können muss. Geduld zahlt sich aus, schlussendlich öffnet sich die Einfahrtsschranke und wir können reinfahren. Wir sind nicht sicher, ob jemand am Schalter Mitleid mit uns hatte oder ob es technisch tatsächlich funktioniert hat.
Wir stellen fest, dass das Gelände und auch der komplette Eingangsbereich wirklich sehr schön und umfangreich gestaltet ist. Das Museum, dass sich hier in der unteren Etage befindet, wollen wir erst besichtigen, nachdem wir das Bauwerk «live» gesehen haben. Nach gut 1 km Fussweg sind wir dann endlich am Ziel – und vor lauter Faszination und Staunen steht mir glaube ich der Mund offen. Es ist noch viel eindrucksvoller, als ich mir vorgestellt habe. Was für die einen nur alte Steine sind, ist für mich ein Wunderwerk der Ingenieurskunst einer antiken Weltkultur. Ich bin froh, dass Magdalena auch so geschichtsbegeistert ist und alles mit mindestens dem gleichen Erstaunen aufnimmt wie ich. Unsere Handys sind parat, die Szene in Bildern einzufangen. Wir machen erstmal aus allen möglichen Blickwinkeln und von allen möglichen Aussichtspunkten Fotos – was wir spätestens beim Aussortieren wieder bitter bereuen. Aber das Wetter und der morgendliche Sonnenschein lassen das Werk in einem ganz besonderen Licht erstrahlen. Das muss natürlich festgehalten werden.
Wieder mal etwas Geschichte für Anfänger: Pont du Gard ist auch eine Brücke, aber vielmehr diente dieses im 1. Jahrhundert (die Historiker sind sich nicht ganz einig, aber Ausgrabungen deuten auf ca. 50 n. Chr. hin) errichtete antike Bauwerk als Aquädukt. Das muss man sich mal vor Augen führen: es handelt sich um ein fast 2.000 Jahre altes Kulturerbe! Doch wozu braucht man ein Aquädukt? Das, was heute so selbstverständlich aus dem Wasserhahn kommt, musste früher schwierig und aufwändig von der Quelle – der heutigen Kleinstadt Uzès - zum Ziel, in diesem Fall die Stadt Nimes, die damals schon rund 20.000 Einwohner hatte, transportiert werden. Und das alles mit simpler Schwerkraft. Die gesamte Strecke beträgt gute 50 km – und das Gefälle auf diesen gesamten 50 Kilometer betrug gerade mal 12 Meter. METER! Es ist nahezu unglaublich, mit welcher Präzession die Römer mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mittel damals gebaut haben. Ich habe Arbeiten von Fliesenlegern gesehen, die schafften ungewollt 12 Meter Gefälle in einem einzigen Badezimmer. Nein, Scherz beiseite: man muss bedenken, dass sie damals Täler durchqueren und Flüsse überqueren mussten. Und etwa zwei Drittel der Strecke verlief unterirdisch und musste in bzw. durch den Felsen gehauen werden.
Ich glaube, man merkt mir die Euphorie an, und es gäbe noch hunderte von unglaublichen Fakten über Pont du Gard und die Wasserlinie, die ich aber nicht alle nennen kann, da ansonsten der ein oder andere Leser einschlafen könnte. Trotzdem noch einige Eckdaten und Fakten: Der Pont du Gard ist die höchste Aquäduktbrücke der römischen Welt. die 48,77 Meter hohe Brücke besteht aus 3 Ebenen: die Untere Ebene mit 6 Bögen, die mittlere Ebene mit 11 Bögen und die obere Ebene mit 35 Bögen. Aufgrund der Verengung zum Flussverlauf beträgt die Spannweite der untersten Etage nur 142,35 m, während die oberste Etage mit 490 m (wovon etwa 130 m zerstört sind) fast viermal so lang ist. Dort verlief auch der Wasserkanals selbst, der pro Tag etwa 35.000 m3 Wasser für die Brunnen in Nimes transportierte und dort die Thermen, Springbrunnen und Latrinen versorgte. Somit stand jeder Person in Nimes rechnerisch fast 2 m3 Wasser pro Tag zur Verfügung. Jedoch war – wie so oft – leider auch der Status und das Ansehen einer Person oder Haushalts entscheidend, wer Wasser bekam und wer nicht. Ab etwa dem 9. Jahrhundert wurde die Pflege der Wasserleitung zusehends vernachlässigt und sie wurde bald auch unbrauchbar. Bis ins 18. Jahrhundert hinein, als längst kein Wasser mehr durch die Leitung floss, wurde der Pont du Gard als Straßenbrücke genutzt, teilweise wurden Pfeiler abgetragen oder verjüngt und eine zusätzliche Ebene für den Fussgängerverkehr geschaffen. 1985 kommt das Bauwerk dann endlich in die Liste der UNESCO als Weltkulturerbe und weitere bauliche Schandtaten wurden seitdem verhindert.
Wir verbringen so gut wie den ganzen Tag auf dem wirklich sehr schön gestalteten Gelände am Fluss Gard. Von nahezu jeder Position und Perspektive sieht man das imposante Konstrukt, an dem man sich kaum sattsehen kann. Auf den Wanderwegen kann man der alten Wasserlinie folgen und die Geschicke der römischen Handwerker und Ingenieure hautnah erleben. Geschichte zum Anfassen. Familien verbringen hier mit ihren Kindern den Nachmittag, Picknicken im Schatten des Wunderwerks und lassen die Stimmung auf sich wirken. Wie wir.
Als sich der Tag langsam dem Ende neigt, machen wir noch einen Spaziergang durch die in der Nähe angelegte Gartenanlage und besuchen zum Abschluss des Tages das Museum. Was uns – gelinde gesagt – nochmals von den Socken haut, denn was hier geschichtlich aufgearbeitet wurde, ist mehr als vorbildlich. Es «kostet» uns gute eineinhalb Stunden bis wir mehr oder weniger alles gesehen haben. Staunen ist vorprogrammiert. Wir können nur jedem den Tipp weitergeben: Pont du Gard sollte keinesfalls auf der Liste fehlen, wenn ihr in Südfrankreich unterwegs seid – es lohnt sich!
Leider geht dieser wunderschöne Tag viel zu schnell zu Ende. Wir kommen zurück zu Frida, die geduldig auf dem Parkplatz wartet. Wir haben uns als nächste Bleibe einen Stellplatz in der Nähe von Beaucaire – etwa in der Mitte zwischen Avignon und Nimes – rausgesucht. Und wieder einmal sollten wir nicht enttäuscht werden. Aber zuerst müssen wir wieder durch die Schranke am Parkplatz – doch zu unserem Glück steht alles offen und wir können ohne zu stoppen durchfahren. Da hatte also doch jemand Mitleid mit uns. Als wir am Stellplatz sind, ist es schon dunkel und es ist schwer zu erraten, ob es dort, wo wir uns hinstellen, auch wirklich passt. Am nächsten Morgen sehen wir allerdings, dass wir gut geraten haben. Es sind einige Vans und Wohnmobile auf dem Platz, und wir werden am Morgen freundlich begrüsst – vorzugsweise auf Französisch. Schöne Parle Pafrosäh.
Das hat mir vorerst mal überhaupt nichts gesagt. Gard klingt für mich nach Garde – also dachte ich an eine Wachablöse. Weiter weg hätte ich mit meiner Vermutung nicht liegen können. Pont ist auf Deutsch die Brücke, und Gard ist ein Fluss. Ergo: Brücke über den Fluss «Gard». So einfach. Und als ich dann ein Bild davon gesehen habe, hatte ich sofort das Gefühl, dieses Bauwerk schon tausende Male auf Bildern und Berichten gesehen zu haben. Umso grösser ist die Vorfreude – denn, wie schon mehrfach erwähnt, bin ich ein grosser Geschichtsfan, und der altrömische Einfluss ist hier in der Provence überall und an jeder noch so kleinen Ecke spürbar. Nach unserem Frühstück machen wir uns auf den Weg, der nicht besonders lange ist. Gerade mal 20 Minuten brauchen wir von unserem Stellplatz bis zum Parkplatz dieser römischen Glanzleistung der Baukunst. Ein Tipp für alle, die vielleicht ebenfalls vorhaben, den Ort zu besuchen: wer das Eintrittsticket auf der offiziellen Seite /www.pontdugard.fr/de vorab im Internet kauft, kommt etwas günstiger davon und spart sich den ein oder anderen Euro. Zudem ist im Ticketpreis auch die Gebühr für den Parkplatz enthalten.
Mit dem gekauften Ticket sollte man bei Parkplatz den Barcode scannen und dann durch die Schranke fahren können. So viel zur Theorie. Wir haben den QR-Code am Handy und versuchen etwa 3 Minuten lang, den Leser vor der Schranke davon zu überzeugen, dass er das auch vom Handydisplay ablesen können muss. Geduld zahlt sich aus, schlussendlich öffnet sich die Einfahrtsschranke und wir können reinfahren. Wir sind nicht sicher, ob jemand am Schalter Mitleid mit uns hatte oder ob es technisch tatsächlich funktioniert hat.
Wir stellen fest, dass das Gelände und auch der komplette Eingangsbereich wirklich sehr schön und umfangreich gestaltet ist. Das Museum, dass sich hier in der unteren Etage befindet, wollen wir erst besichtigen, nachdem wir das Bauwerk «live» gesehen haben. Nach gut 1 km Fussweg sind wir dann endlich am Ziel – und vor lauter Faszination und Staunen steht mir glaube ich der Mund offen. Es ist noch viel eindrucksvoller, als ich mir vorgestellt habe. Was für die einen nur alte Steine sind, ist für mich ein Wunderwerk der Ingenieurskunst einer antiken Weltkultur. Ich bin froh, dass Magdalena auch so geschichtsbegeistert ist und alles mit mindestens dem gleichen Erstaunen aufnimmt wie ich. Unsere Handys sind parat, die Szene in Bildern einzufangen. Wir machen erstmal aus allen möglichen Blickwinkeln und von allen möglichen Aussichtspunkten Fotos – was wir spätestens beim Aussortieren wieder bitter bereuen. Aber das Wetter und der morgendliche Sonnenschein lassen das Werk in einem ganz besonderen Licht erstrahlen. Das muss natürlich festgehalten werden.
Wieder mal etwas Geschichte für Anfänger: Pont du Gard ist auch eine Brücke, aber vielmehr diente dieses im 1. Jahrhundert (die Historiker sind sich nicht ganz einig, aber Ausgrabungen deuten auf ca. 50 n. Chr. hin) errichtete antike Bauwerk als Aquädukt. Das muss man sich mal vor Augen führen: es handelt sich um ein fast 2.000 Jahre altes Kulturerbe! Doch wozu braucht man ein Aquädukt? Das, was heute so selbstverständlich aus dem Wasserhahn kommt, musste früher schwierig und aufwändig von der Quelle – der heutigen Kleinstadt Uzès - zum Ziel, in diesem Fall die Stadt Nimes, die damals schon rund 20.000 Einwohner hatte, transportiert werden. Und das alles mit simpler Schwerkraft. Die gesamte Strecke beträgt gute 50 km – und das Gefälle auf diesen gesamten 50 Kilometer betrug gerade mal 12 Meter. METER! Es ist nahezu unglaublich, mit welcher Präzession die Römer mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mittel damals gebaut haben. Ich habe Arbeiten von Fliesenlegern gesehen, die schafften ungewollt 12 Meter Gefälle in einem einzigen Badezimmer. Nein, Scherz beiseite: man muss bedenken, dass sie damals Täler durchqueren und Flüsse überqueren mussten. Und etwa zwei Drittel der Strecke verlief unterirdisch und musste in bzw. durch den Felsen gehauen werden.
Ich glaube, man merkt mir die Euphorie an, und es gäbe noch hunderte von unglaublichen Fakten über Pont du Gard und die Wasserlinie, die ich aber nicht alle nennen kann, da ansonsten der ein oder andere Leser einschlafen könnte. Trotzdem noch einige Eckdaten und Fakten: Der Pont du Gard ist die höchste Aquäduktbrücke der römischen Welt. die 48,77 Meter hohe Brücke besteht aus 3 Ebenen: die Untere Ebene mit 6 Bögen, die mittlere Ebene mit 11 Bögen und die obere Ebene mit 35 Bögen. Aufgrund der Verengung zum Flussverlauf beträgt die Spannweite der untersten Etage nur 142,35 m, während die oberste Etage mit 490 m (wovon etwa 130 m zerstört sind) fast viermal so lang ist. Dort verlief auch der Wasserkanals selbst, der pro Tag etwa 35.000 m3 Wasser für die Brunnen in Nimes transportierte und dort die Thermen, Springbrunnen und Latrinen versorgte. Somit stand jeder Person in Nimes rechnerisch fast 2 m3 Wasser pro Tag zur Verfügung. Jedoch war – wie so oft – leider auch der Status und das Ansehen einer Person oder Haushalts entscheidend, wer Wasser bekam und wer nicht. Ab etwa dem 9. Jahrhundert wurde die Pflege der Wasserleitung zusehends vernachlässigt und sie wurde bald auch unbrauchbar. Bis ins 18. Jahrhundert hinein, als längst kein Wasser mehr durch die Leitung floss, wurde der Pont du Gard als Straßenbrücke genutzt, teilweise wurden Pfeiler abgetragen oder verjüngt und eine zusätzliche Ebene für den Fussgängerverkehr geschaffen. 1985 kommt das Bauwerk dann endlich in die Liste der UNESCO als Weltkulturerbe und weitere bauliche Schandtaten wurden seitdem verhindert.
Wir verbringen so gut wie den ganzen Tag auf dem wirklich sehr schön gestalteten Gelände am Fluss Gard. Von nahezu jeder Position und Perspektive sieht man das imposante Konstrukt, an dem man sich kaum sattsehen kann. Auf den Wanderwegen kann man der alten Wasserlinie folgen und die Geschicke der römischen Handwerker und Ingenieure hautnah erleben. Geschichte zum Anfassen. Familien verbringen hier mit ihren Kindern den Nachmittag, Picknicken im Schatten des Wunderwerks und lassen die Stimmung auf sich wirken. Wie wir.
Als sich der Tag langsam dem Ende neigt, machen wir noch einen Spaziergang durch die in der Nähe angelegte Gartenanlage und besuchen zum Abschluss des Tages das Museum. Was uns – gelinde gesagt – nochmals von den Socken haut, denn was hier geschichtlich aufgearbeitet wurde, ist mehr als vorbildlich. Es «kostet» uns gute eineinhalb Stunden bis wir mehr oder weniger alles gesehen haben. Staunen ist vorprogrammiert. Wir können nur jedem den Tipp weitergeben: Pont du Gard sollte keinesfalls auf der Liste fehlen, wenn ihr in Südfrankreich unterwegs seid – es lohnt sich!
Leider geht dieser wunderschöne Tag viel zu schnell zu Ende. Wir kommen zurück zu Frida, die geduldig auf dem Parkplatz wartet. Wir haben uns als nächste Bleibe einen Stellplatz in der Nähe von Beaucaire – etwa in der Mitte zwischen Avignon und Nimes – rausgesucht. Und wieder einmal sollten wir nicht enttäuscht werden. Aber zuerst müssen wir wieder durch die Schranke am Parkplatz – doch zu unserem Glück steht alles offen und wir können ohne zu stoppen durchfahren. Da hatte also doch jemand Mitleid mit uns. Als wir am Stellplatz sind, ist es schon dunkel und es ist schwer zu erraten, ob es dort, wo wir uns hinstellen, auch wirklich passt. Am nächsten Morgen sehen wir allerdings, dass wir gut geraten haben. Es sind einige Vans und Wohnmobile auf dem Platz, und wir werden am Morgen freundlich begrüsst – vorzugsweise auf Französisch. Schöne Parle Pafrosäh.
Abtei Saint Roman
Auffallend ist ein Franzose, der mit seinem Auto ankommt, aussteigt und aufgeregt auf unser Nummernschild deutet und etwas dahermurmelt. Ich verstehe kein Wort und gebe ihm das mit meinem Mustervers zu verstehen. Englisch kann er leider auch nicht – wie die meisten Franzosen. Er macht Andeutungen und hält seine Hände so hin, als wären sie gefesselt – also Handschellen, dann zeigt er wieder auf das Nummernschild und sagt «Macron» (der französische Präsident). Ich zeige ihm mangels Alternativen und aus purer Hilflosigkeit einen Daumen nach oben und grinse ihn bescheuert an. Ich hab überhaupt keinen Plan. Dann geht er wieder.
Zwei Minuten später kommt eine Frau vom benachbarten Wohnmobil mit dem Typen, der davor mit der Handschellengeste auf sich aufmerksam gemacht hat. Zu unserer Verwunderung spricht sie uns auf Englisch an, und wechselt kurz danach sogar ins Deutsche. Sie erzählt uns, dass sie ursprünglich aus den Niederlanden kommt und jetzt in Frankreich wohnt. Deutsch hat sie in ihrer Heimat gelernt, da sie an der deutschen Grenze aufgewachsen ist. Wir sind wirklich sehr froh, dass wir uns wieder einmal unterhalten können. Seit wir in Frankreich sind, haben wir eigentlich so gut wie keine ausländischen Touristen gesehen, geschweige denn mit jemanden reden können, da – sowieso von den älteren Franzosen – niemand auch nur eine Silbe Englisch kann. Nun aber zur Sache – sie kann endlich Licht ins Dunkel bringen. Sie erklärt uns, dass der französische Regierungschef an diesem Abend entscheidet, wie es in Bezug auf COVID weitergeht. Sie rechnen allerdings mit einem Lockdown – was sich am selben Abend auch tatsächlich bewahrheiten sollte. Das bedeutet natürlich auch für alle ausländischen Touristen, dass sie das Land verlassen sollten. Das Reisen zu Vergnügungszwecken ist nicht mehr gestattet. Und die Regelung sollte schon am kommenden Wochenende – also in 3 Tagen – in Kraft treten. Das ist natürlich wieder mal ein Schlag in unser Reisegesicht. Wir haben noch viel vor in Südfrankreich und zahlreiche Orte und Sehenswürdigkeiten auf unserer Liste stehen in der Warteschlange. Das können wir jetzt buchstäblich knicken.
Trotz allem beschliessen wir, jetzt die Flinte nichts ins Korn zu werfen und planen unseren Ausflug in die Abtei Saint Roman, ganz in der Nähe unseres Stellplatzes in den bewaldeten Hügeln oberhalb des Rhônetals. Die Anfahrt ist nicht ganz ohne, wir müssen zunächst einen Durchgang queren, der gerade mal 2,40 m breit ist (unser WoMo hat 2,32 m Breite). Das geht nur im Schritttempo und mit eingeklappten Spiegeln. Aber wir kommen knitterfrei durch die Passage und erreichen wenige Minuten später den Ausgangspunkt unserer Wanderung. Die Geschichte der Abtei am Massif de l’Aiguille ist wieder mal sehr vielfältig: Gegen Ende des 5. Jahrhunderts siedelten sich die ersten Einsiedler auf den Hügeln an, Mönche vergrösserten in den folgenden Jahrhunderten die natürlichen Grotten und bauten zumeist unterirdisch eine Kapelle sowie Wohn- und Gemeinschaftsräume. Wahrscheinlich im 7. Oder 8. Jahrhundert nahmen sie die Ordensregel der Benediktiner an. In den Höhlen herrschte ganzjährig eine Temperatur zwischen 14 und 16 Grad. Auf der Terrasse und an den Hängen des Hügels wurden etwa zwischen dem 8. Und 12. Jahrhundert Felsgräber angelegt – die Nekropole. Ein grosser Teil der Gräber wurde mittlerweile wieder entfernt, doch viele der in Körperform ausgearbeiteten Gräber sind noch sehr gut sichtbar. Makabreres Detail am Rande: Sie wurden deswegen in den Felsen gegraben, um das Land selbst für den Anbau von Obst und Gemüse nutzen zu können – und um wertvolles Holz für Särge zu sparen.
Wir nutzen den Besuch der Abtei, um anschliessend noch einen etwas ausgedehnteren Spaziergang über die anliegenden Hügel zu unternehmen und beratschlagen uns, was wir mit der neu gewonnenen Erkenntnis zum bevorstehenden Lockdown machen sollen. Das Reisen im Norden, speziell in Schweden und Norwegen – war so unbeschwert und einfach. Plötzlich stehen wir wieder vor einem Problem, das wir eigentlich schon fast ausgeblendet hatten. Über die Sinn- bzw. Unsinnhaftigkeit einer solchen Massnahme muss ich nichts schreiben – ich habe meine Meinung dazu, aber das gehört nicht in einen Reiseblog. Wir haben bereits im Frühjahr miterlebt, was 10 Wochen Lockdown bringen – nämlich nichts ausser Arbeitslosigkeit, Vereinsamung und den Zusammenbruch der Wirtschaft. Aber allein schon eine Meinung zu diesem Thema zu haben birgt die Gefahr, von anderen Menschen (egal ob Freund oder Fremd) angefeindet, zurechtgewiesen oder belehrt zu werden. Das ist für mich die schlimmste Folge von COVID – dass sich Menschen, die sich sonst eigentlich gerne haben, plötzlich gegenseitig tadeln, beschimpfen und sich sogar anfeinden. Egal – wie gesagt, das gehört nicht hier her.
Wir müssen eine Entscheidung treffen – und so schwer sie uns fällt beschliessen wir nach einer langen Diskussion, dass wir nun Spanien auf dem direkten Weg ansteuern werden. Ein Blick auf die Landkarte verrät uns, dass wir etwa 5 Autostunden von der spanischen Grenze entfernt sind.
Zwei Minuten später kommt eine Frau vom benachbarten Wohnmobil mit dem Typen, der davor mit der Handschellengeste auf sich aufmerksam gemacht hat. Zu unserer Verwunderung spricht sie uns auf Englisch an, und wechselt kurz danach sogar ins Deutsche. Sie erzählt uns, dass sie ursprünglich aus den Niederlanden kommt und jetzt in Frankreich wohnt. Deutsch hat sie in ihrer Heimat gelernt, da sie an der deutschen Grenze aufgewachsen ist. Wir sind wirklich sehr froh, dass wir uns wieder einmal unterhalten können. Seit wir in Frankreich sind, haben wir eigentlich so gut wie keine ausländischen Touristen gesehen, geschweige denn mit jemanden reden können, da – sowieso von den älteren Franzosen – niemand auch nur eine Silbe Englisch kann. Nun aber zur Sache – sie kann endlich Licht ins Dunkel bringen. Sie erklärt uns, dass der französische Regierungschef an diesem Abend entscheidet, wie es in Bezug auf COVID weitergeht. Sie rechnen allerdings mit einem Lockdown – was sich am selben Abend auch tatsächlich bewahrheiten sollte. Das bedeutet natürlich auch für alle ausländischen Touristen, dass sie das Land verlassen sollten. Das Reisen zu Vergnügungszwecken ist nicht mehr gestattet. Und die Regelung sollte schon am kommenden Wochenende – also in 3 Tagen – in Kraft treten. Das ist natürlich wieder mal ein Schlag in unser Reisegesicht. Wir haben noch viel vor in Südfrankreich und zahlreiche Orte und Sehenswürdigkeiten auf unserer Liste stehen in der Warteschlange. Das können wir jetzt buchstäblich knicken.
Trotz allem beschliessen wir, jetzt die Flinte nichts ins Korn zu werfen und planen unseren Ausflug in die Abtei Saint Roman, ganz in der Nähe unseres Stellplatzes in den bewaldeten Hügeln oberhalb des Rhônetals. Die Anfahrt ist nicht ganz ohne, wir müssen zunächst einen Durchgang queren, der gerade mal 2,40 m breit ist (unser WoMo hat 2,32 m Breite). Das geht nur im Schritttempo und mit eingeklappten Spiegeln. Aber wir kommen knitterfrei durch die Passage und erreichen wenige Minuten später den Ausgangspunkt unserer Wanderung. Die Geschichte der Abtei am Massif de l’Aiguille ist wieder mal sehr vielfältig: Gegen Ende des 5. Jahrhunderts siedelten sich die ersten Einsiedler auf den Hügeln an, Mönche vergrösserten in den folgenden Jahrhunderten die natürlichen Grotten und bauten zumeist unterirdisch eine Kapelle sowie Wohn- und Gemeinschaftsräume. Wahrscheinlich im 7. Oder 8. Jahrhundert nahmen sie die Ordensregel der Benediktiner an. In den Höhlen herrschte ganzjährig eine Temperatur zwischen 14 und 16 Grad. Auf der Terrasse und an den Hängen des Hügels wurden etwa zwischen dem 8. Und 12. Jahrhundert Felsgräber angelegt – die Nekropole. Ein grosser Teil der Gräber wurde mittlerweile wieder entfernt, doch viele der in Körperform ausgearbeiteten Gräber sind noch sehr gut sichtbar. Makabreres Detail am Rande: Sie wurden deswegen in den Felsen gegraben, um das Land selbst für den Anbau von Obst und Gemüse nutzen zu können – und um wertvolles Holz für Särge zu sparen.
Wir nutzen den Besuch der Abtei, um anschliessend noch einen etwas ausgedehnteren Spaziergang über die anliegenden Hügel zu unternehmen und beratschlagen uns, was wir mit der neu gewonnenen Erkenntnis zum bevorstehenden Lockdown machen sollen. Das Reisen im Norden, speziell in Schweden und Norwegen – war so unbeschwert und einfach. Plötzlich stehen wir wieder vor einem Problem, das wir eigentlich schon fast ausgeblendet hatten. Über die Sinn- bzw. Unsinnhaftigkeit einer solchen Massnahme muss ich nichts schreiben – ich habe meine Meinung dazu, aber das gehört nicht in einen Reiseblog. Wir haben bereits im Frühjahr miterlebt, was 10 Wochen Lockdown bringen – nämlich nichts ausser Arbeitslosigkeit, Vereinsamung und den Zusammenbruch der Wirtschaft. Aber allein schon eine Meinung zu diesem Thema zu haben birgt die Gefahr, von anderen Menschen (egal ob Freund oder Fremd) angefeindet, zurechtgewiesen oder belehrt zu werden. Das ist für mich die schlimmste Folge von COVID – dass sich Menschen, die sich sonst eigentlich gerne haben, plötzlich gegenseitig tadeln, beschimpfen und sich sogar anfeinden. Egal – wie gesagt, das gehört nicht hier her.
Wir müssen eine Entscheidung treffen – und so schwer sie uns fällt beschliessen wir nach einer langen Diskussion, dass wir nun Spanien auf dem direkten Weg ansteuern werden. Ein Blick auf die Landkarte verrät uns, dass wir etwa 5 Autostunden von der spanischen Grenze entfernt sind.
Bellcaire, Spanien, im November 2020
Liebe Grüsse
Liebe Grüsse
Rene
Reiseroute
27. Okt. 2020Pont du Gard, FR
27. - 30. Okt. 2020Beaucaire, FR
29. Okt. 2020Abtei Saint Romane, FR
Erfahrungsberichte
Hallo ihr zwei 🙂
Schön, dass ich mit meinen nicht vorhandenen Französischkenntnissen nicht alleine da stehe 😀 hätte ich Renes Mustervers im Französischunterricht gekannt, wäre ich vielleicht besser davon gekommen 😀
Immer wieder schön eure Berichte zu lesen 🙂 ich staune heute noch, wie viel Zeit und Leidenschaft ihr dafür einsetzt! Weiter so und gute Reise! 🙂
Liebe Grüsse,
Alex
PS: Ich hoffe euer kleiner Ziegenfreund bringt meinem Geissbock-Club viel Glück beim Fussballspiel heute! 🙂
Lieber Alex, vielen Dank für deinen Kommentar. Ja, Französisch war leider immer schon etwas, das mir nicht besonders gut gelegen hat – obwohl die Sprache an sich ja schön wäre (oder sich schön anhört). In dem Fall sind wir also mindestens zu zweit 😉
Und es ist immer wieder schön, von euch zu hören. Wir geben uns grosse Mühe, die Berichte so spannend und informativ wie möglich zu gestalten – auch wenn wir wissen, dass wir nur eine kleine Handvoll „Leser“ haben. Aber es müssen nicht immer Millionen sein, die man begeistern muss. Es reicht manchmal auch, seinen Freunden eine Freude zu machen.
Liebe Grüsse, Rene
PS: Ich hoffe, der gestrige 0:1-Sieg deines Lieblingsclubs stimmt dich fröhlich – in dem Fall hat unser Geissbock deinem Geissbock das notwendige Glück gebracht! 😀
Hallo Rene 🙂
Da gebe ich dir zu 100% recht! Ich bin mir sicher, dass euer Blog von vielen Freunden und Familienmitgliedern verfolgt wird und jeder einzelne froh über diese Möglichkeit ist zu wissen, wie es euch denn so geht 🙂
…und am Ende habt ihr auch für euch selbst ein perfekt zusammengestelltes Reise-Tagebuch! Besser geht es doch nicht 🙂
Oh ja! Beim gestrigen Sieg brauchten wir am Ende wahnsinnig viel Glück! Euer Glücksbringer hat also eindrucksvoll gewirkt 😉 habe mir schon überlegt, ob ich euch nicht den Spielplan schicken soll, damit ihr wisst, an welchen Tagen ein neues Geissbockbild hochzuladen ist 😛 aber wir wollen das Glück ja nicht zu sehr herausfordern! 😀
Ich wünsch euch weiterhin eine schöne Zeit und bis bald 🙂
Lieben Gruss,
Alex