In elitären Kreisen
11. Mai 2022Von der heiligen Insel zu den Kronjuwelen
18. Mai 2022Gestatten: Graf Dracula
„Wir lernen große Dinge nach kleinen Erfahrungen.“
15. Mai 2022 - Reisetagebuch Eintrag #85
- GESTATTEN: GRAF DRACULA | geschrieben von Rene
Was tun, wenn der Gasvorrat im Wohnmobil zu Ende geht? Wir vermissen eine Dieselheizung. Die Spaziergänge durch die alten Klosterruinen Fountains Abbey und Rievaulx Abbey sind unglaublich. Helmsley Castle nehmen wir ebenfalls noch mit, bevor es nach Goathland zur berühmten «Hogsmeade Railway Station» aus Harry Potter geht. Und in Whitby wandern wir auf den Spuren von Graf Dracula.
Gas aus: Gasversorgung in England
Ein unheimlich leidiges Thema in unserem Wohnmobil kocht wieder einmal hoch: der Gasvorrat. Wir haben ja, wie die meisten Wohnmobile, zwei 11 kg-Flaschen an Board. Daran hängt der Kühlschrank, der Herd und – natürlich – die Heizung und die Warmwasseraufbereitung. Wir bewegen uns derzeit bei Temperaturen um etwa 12 Grad tagsüber, und 1 – 2 Grad nachts. Das bedeutet, wir müssen nun heizen. Während wir mit den zwei Gasflaschen ohne Heizen etwa 5 – 6 Wochen gut auskommen, halten uns die Dinger dann nur noch 3 – 4 Wochen, wenn wir sparsam sind. Das EU-Parlament kann sich zwar drauf einigen, welchen Krümmungsgrad eine Banane haben muss, um in Europa verkauft werden zu dürfen, aber bei Gasflaschen waren die hochbezahlten Beamten wohl im Urlaub. Natürlich hat nahezu jedes(!) europäische Land seine eigenen Gasflaschen: eigene Dimensionen, unterschiedliche Anschlüsse. Mit unseren deutschen Gasflaschen kommen wir also in England wieder mal nicht weiter. Wir können sie weder tauschen noch befüllen. Und englische Gasflaschen passen bei uns wegen der unterschiedlichen Anschlüsse natürlich nicht. Nun ist die erste Flasche leer, und guter Rat teuer. Grundsätzlich gibt es verschiedene Lösungsmöglichkeiten, wie etwa ein fest verbauter Gastank oder ein Füllflaschensystem. In beiden Varianten könnte man bei LPG-führenden Tankstellen einfach Gas nachtanken (mit dem entsprechenden Adapter, versteht sich). Ausser in Deutschland, da ist es zumindest bei den Tankflaschen natürlich wieder verboten. Bei Tauschflaschen wie wir sie haben darf man das allerdings nicht. Zu allem Überfluss gibt es bei Gas aufgrund des Ukraine-Kriegs einen Engpass. Bei vielen Tankstellen gibt es gar kein Gas (LPG) mehr, und selbst wenn wir eine englische Flasche kaufen wollen würden, würden wir keine bekommen, da die Vorräte angeblich nahezu aufgebraucht sind.Mit dem heutigen Wissen würden wir uns keinesfalls und nie wieder so abhängig von Gas und Gasflaschen machen. Diesen Rat hätten wir uns damals von unserem Händler gewünscht, das ist aber leider – wie so manch anderes – ausgeblieben. Deswegen schreiben wir es hier für alle, die vorhaben, sich mit dem Wohnmobil auf Reise zu begeben. Natürlich muss man sich überlegen, was man vorhat. Wer nur mal «schnell» zwei bis drei Wochen unterwegs sein wird, und zudem die meiste Zeit auf einem Campingplatz verbringt, der wird vermutlich den grössten Teil seines Gasvorrats wieder nach Hause bringen. Wer aber – so wie wir – monatelang auf reisen, und zudem in Ländern ohne Tauschmöglichkeit unterwegs ist, dem raten wir dringend von einfachen Gas-Tauschflaschen ab! Der Ärger ist vorprogrammiert, und die Suche nach einem Unternehmen, das die deutschen Flaschen befüllt, kann schnell mal mehrere Stunden dauern – oder ist im schlimmsten Fall sogar erfolglos. Geschweige denn der Umweg, der dadurch eventuell in Kauf genommen werden muss, um an läppische 20 kg Gas zu kommen, stehen in keinem Verhältnis zum Aufwand. Ich möchte niemanden verunsichern, deswegen nochmals: für die 3 Wochen Strandurlaub in Italien oder Kroatien sind die 2 x 11 kg vollkommen ok, keine Sorge. Aber wer länger unterwegs ist – vor allem auch in etwas kühlere Länder - dem raten wir wirklich dringend, die Option einer Dieselheizung und/oder eines Gastanks oder zumindest eines Gasfüllsystems in Betracht zu ziehen. Wir bereuen es zutiefst, dass wir das nicht gleich zu Beginn nachrüsten liessen und wir vermissen es endlos.
Auch jetzt wieder, nachdem der Vorrat unserer ersten Flasche zu Ende geht. Wir begeben uns wieder mal auf die stundenlange Suche nach einem Gasunternehmen, das deutsche Gasflaschen befüllt. Nach einigen Telefonaten werden wir fündig, und zu unserem Glück ist der Umweg nicht besonders gross. Kurzum: er befüllt unsere Flasche und unser Vorrat ist wieder vollständig. Doch er erklärt uns auch gleichzeitig, dass das in England eine Seltenheit ist und normalerweise nicht gemacht wird. Und jetzt sowieso, wo die Vorräte knapp sind. Egal, für uns passt es jetzt – wenngleich wir auch 35 Pence pro Liter mehr bezahlen müssen als sonst üblich. Und wieder einmal ärgern wir uns unendlich, dass wir uns damals in unserer Unwissenheit nicht für eine Dieselheizung entschieden haben.
Fountains Abbey und Studley Royal Water Garden
Wir versuchen, den Ärger mit dem Gas so schnell wie möglich zu vergessen. Da hilft am besten Kultur und Geschichte. Als stolze Neu-Mitglieder des English Heritage Pass dürfen wir nun die wunderschöne Anlage der Fountains Abbey und den Studley Royal Water Gardens kostenlos besuchen. Und das haut mich echt fast von den Socken. Ja klar, für die einen sind es nur alte Steine, aber uns fasziniert diese jahrhundertealte Baukunst ungemein. Von der Fountains Abbey sind nur noch die Ruinen vorhanden, doch die sind recht gut erhalten. Unsere Speicherkarten haben wieder einmal ordentlich zu tun, denn die Atmosphäre hier ist einfach phantastisch. Ausnahmsweise nur ein sehr kurzer Geschichtseinblick in die alte Abtei: Das Kloster wurde 1132 gegründet und bestand bis 1539, als Heinrich VIII beschloss, sämtliche Klöster des Landes aufzulösen und die Mönche mit oder ohne deren Zustimmung aus ihrer Unterkunft zu vertreiben. Fountains Abbey ist eine der größten und besterhaltenen Zisterzienseranlagen in England. Die angrenzenden Studley Royal Water Gardens ist ein Garten des Übergangs zwischen barockem und landschaftlichem Stil. Er ist der bedeutendste Garten Englands aus dem frühen 18. Jahrhundert. Sowohl die Abbey als auch die Wassergärten gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe.Wir machen einen ausgedehnten Spaziergang durch die weitläufige Anlage und geniessen die Ruhe und sehen mehr Tiere als in einem Zoo. Eichhörnchen, Fasane, Hasen, Schwäne und Enten – so ziemlich alles tummelt sich hier vor unserer Nase. Sowohl von den Gärten als auch von den Klosterruinen machen wir viel zu viele Fotos, aber jede Perspektive wirkt anders und ist es wert, digital festgehalten zu werden. Natürlich bereuen wir es abends wieder, hunderte unnötige Fotos geschossen zu haben.
Helmsley Castle und Rievaulx Abbey
Über Nacht bleiben wir in Helmsley, die freundlicherweise eine der wenigen Möglichkeiten zur Übernachtung mit dem Motorhome in ihrem Carpark bieten. Vielen Dank an dieser Stelle an Helmsley – auch wenn ihr unseren Blog vermutlich nicht lesen werdet – wir wissen das unheimlich zu schätzen! Der Ort bietet sich uns aus zweierlei Hinsicht gut an: erstens liegt es gerade mal 7 Fahrminuten entfernt von der nächsten Abtei, die auf unserer Liste steht: Rievaulx Abbey. Und zum anderen hat Helmsley auch eine Festung, nämlich das Helmsley Castle. Und das Beste daran: beide sind im English Heritage Programm dabei. Jackpot!! Wir besuchen zunächst aber Helmsley selbst, und wie es der Zufall will, ist genau heute Markttag. Am Marktplatz tummeln sich zahllose Händler, die ihre Waren an den Mann oder die Frau bringen wollen. Beim Anblick des ganzen Deko-Krims-Krams bekommt meine Frau wieder einmal tränende Augen, aber ich kann es ihr nicht verdenken: mir gefällt es ja selbst so gut, und hätten wir eine Wohnung oder mehr Platz im Wohnmobil, würden wir unsere Einkaufstaschen bis zum Anschlag füllen. Und es unterscheidet sich massgeblich von dem Einheitsbrei, der auf den verschiedenen Märkten in zentraleuropäischen Raum verkauft wird. Lauter Unikate, lokale Produkte, Selbstgemachtes, Antiquitäten und allerlei Zeugs, von dem man erst dann weiss, dass man es braucht, wenn man es gesehen hat. Anschliessend geht es zum Helmsley Castle, und dank Audioguide werden wir perfekt über die Geschichte der kleinen aber feinen Befestigungsanlage aufgeklärt.Gegen Mittag geht es weiter zur Rievaulx Abbey. Wenngleich die Anlage nicht so weitläufig und gross ist wie die Fountains Abbey, ist sie nicht weniger eindrücklich. Und hier dürfen wir sogar etwas Sonne geniessen. Nach der Erkundung der Überreste der Abtei, welche ebenso wie die Fountains Abbey durch Henry VIII per Dekret aufgelöst und nahezu in Einzelteile zerlegt und zu Geld gemacht wurde, setzen wir uns auf eine Parkbank und freuen uns über die herrliche Aussicht und die wärmenden Sonnenstrahlen.
Seit unserem Start in Spanien haben wir ein ziemlich dicht gedrängtes Programm. Wir besuchen nahezu jeden Tag etwas Neues, das auf unserem Weg liegt. Und so folgt am nächsten Tag etwas, das bei Harry Potter-Fans wohl die Augen glänzen lassen würde. Aber der Reihe nach: es geht nach Goathland. Dieses Dorf und die umliegende Region ist besonders in England sehr bekannt, denn hier entstand ein Grossteil der 372 Episoden der beliebten Serie «Heartbeat», eine von 1992 bis 2010 ausgestrahlte britische Fernsehserie. Die Serie handelt in humorvoller Weise von den Erlebnissen einer ländlichen Polizeistation im Yorkshire der 1960er. Wir machen zunächst eine schöne Wanderung durch die North York-Moorlandschaft zum schnuckeligen Wasserfällchen Mallyan Spout, und wandern anschliessend zum lokalen Bahnhof. Nicht, weil wir mit dem Zug verreisen möchten, sondern vielmehr, weil dieser neben der Fernsehserie besonders durch die Harry Potter-Filme Berühmtheit erlangte.
Goathland Railway Station
Denn hier befindet sich der fiktive Bahnhof «Hogsmeade station». Zu unserer Schande müssen wir gestehen, dass (zumindest ich) noch keinen der Harry Potter-Filme ganz gesehen habe. Das ist natürlich schade, da wir an so manchem Schauplatz des Welterfolges vorbeifahren. Aber andererseits vielleicht auch besser so, denn ansonsten kämen wir vermutlich überhaupt nicht vom Fleck. Zumindest auf YouTube finden wir Ausschnitte der «Hogsmeade Station», wie sie im Film gezeigt wurden:Wir nehmen uns fest vor, demnächst einen Harry Potter-Marathon durchzuziehen, damit wir wenigsten über einige Teile des Magier-Abenteuers Bescheid wissen. Hier in Goathland fahren tatsächlich noch alte Dampfloks, die die Städte Pickering mit Whitby verbinden. Wir haben Glück und sehen sogar zwei der alten Züge, wie sie im Harry Potter Bahnhof einfahren. Nur Zauberer sehen wir keine. Zumindest haben wir keine erkannt. Wenn wir schon keine Zauberer sehen, dann suchen wir eben nach Untoten.
Ganz so furchteinflössend geht es glücklicherweise nicht zu, als wir Whitby Abbey betreten. Aber dennoch geht aus den Ruinen eine etwas gruselige Atmosphäre aus. Die tiefen, dunklen Wolken, die über der Ruinen hängen, tragen zusätzlich zur schauerlichen Szene bei. Dabei hat Whitby Abbey abseits von Dracula eine wirklich spannende Geschichte zu bieten. Doch diese könnt ihr gerne selbst auf Wikipedia nachlesen. Für uns hat sich der Nachmittag jedenfalls gelohnt, zumal im Museum tatsächlich eine originale und handsignierte Erstausgabe des Romans von Bram Stoker ausgestellt ist. Und auch einen alten Bekannten treffen wir hier: Ivar der Knochenlose, den alle, die die Serie «Vikings» gesehen haben, noch in guter und unheilvoller Erinnerung haben, soll hier ebenfalls durchgekommen sein. Ivar war – so ist es zumindest historisch belegbar - 865 mit seinen Brüdern Ubba und Halfdan Anführer des „großen heidnischen Heeres“ der Dänen. Die Wikinger eroberten 866 York in Northumbria. Von dort aus griffen sie 867 Mercia und 869 East Anglia an. Die Wikinger versuchten in den 870er Jahren ganz England zu unterwerfen, scheiterten allerdings an den Abwehrbemühungen Alfreds von Wessex. Ohje, schon wieder zu viel Geschichte – bitte vergebt mir!
Die letzten Wochen war wirklich vollgepackt bis obenhin mit Sehenswürdigkeiten, historischen Orten und Erlebnissen. Jetzt brauchen wir eindeutig mal eine Pause! Erstens müssen wir das alles mal sacken lassen und zweitens hängen wir mit unseren Erfahrungsberichten etwas hinterher. So entscheiden wir uns, nach dieser Achterbahnfahrt für einen Tag Pause einzulegen und das Erlebte auf einer Farm in der Nähe von Heighington Village auf digitales Papier zu bringen. Es geht weiter Richtung Norden und wir werden in Kürze vor den Toren Schottlands stehen. Aber zuerst müssen wir auf die heilige Insel!
Draculas Geburtsort
England verbindet mehr literarische Werke, als man möglicherweise annehmen würde. Denn auch der weltberühmte Vampir Dracula hatte hier seinen Geburtsort. Zumindest gedanklich. Wir sind ein paar Meilen weitergefahren und stehen nun in Whitby, genauer gesagt an den Ruinen der Whitby Abbey. Und diese diente keinem geringeren als Abraham «Bram» Stoker als Inspiration, seinen Roman «Dracula» zu schreiben. 1890 erschuf der irische Autor hier die furchteinflößende Figur des blutsaugenden Untoten. So erlangte der kleine Ort an der Küste von Yorkshire Weltruhm für den bekanntesten Horrorroman der Welt. Besonders die Stelle im Buch, in der Dracula unterhalb der Ruinen von Whitby Abbey bei schwerem Unwetter als Hund an Land kommt und die Stufen hinauf zur Abbey nimmt, dürfte dem ein oder anderen noch in Erinnerung sein. Das Schiff, auf dem er nach Whitby kam, scheint verweist; nur der tote Kapitän wurde ans Steuer festgebunden aufgefunden. Zuvor hatte er im Logbuch notiert, es sei „etwas“, „ein fremder Mann“, an Bord und die Mannschaft würde Matrose für Matrose verschwinden.Ganz so furchteinflössend geht es glücklicherweise nicht zu, als wir Whitby Abbey betreten. Aber dennoch geht aus den Ruinen eine etwas gruselige Atmosphäre aus. Die tiefen, dunklen Wolken, die über der Ruinen hängen, tragen zusätzlich zur schauerlichen Szene bei. Dabei hat Whitby Abbey abseits von Dracula eine wirklich spannende Geschichte zu bieten. Doch diese könnt ihr gerne selbst auf Wikipedia nachlesen. Für uns hat sich der Nachmittag jedenfalls gelohnt, zumal im Museum tatsächlich eine originale und handsignierte Erstausgabe des Romans von Bram Stoker ausgestellt ist. Und auch einen alten Bekannten treffen wir hier: Ivar der Knochenlose, den alle, die die Serie «Vikings» gesehen haben, noch in guter und unheilvoller Erinnerung haben, soll hier ebenfalls durchgekommen sein. Ivar war – so ist es zumindest historisch belegbar - 865 mit seinen Brüdern Ubba und Halfdan Anführer des „großen heidnischen Heeres“ der Dänen. Die Wikinger eroberten 866 York in Northumbria. Von dort aus griffen sie 867 Mercia und 869 East Anglia an. Die Wikinger versuchten in den 870er Jahren ganz England zu unterwerfen, scheiterten allerdings an den Abwehrbemühungen Alfreds von Wessex. Ohje, schon wieder zu viel Geschichte – bitte vergebt mir!
Die letzten Wochen war wirklich vollgepackt bis obenhin mit Sehenswürdigkeiten, historischen Orten und Erlebnissen. Jetzt brauchen wir eindeutig mal eine Pause! Erstens müssen wir das alles mal sacken lassen und zweitens hängen wir mit unseren Erfahrungsberichten etwas hinterher. So entscheiden wir uns, nach dieser Achterbahnfahrt für einen Tag Pause einzulegen und das Erlebte auf einer Farm in der Nähe von Heighington Village auf digitales Papier zu bringen. Es geht weiter Richtung Norden und wir werden in Kürze vor den Toren Schottlands stehen. Aber zuerst müssen wir auf die heilige Insel!
Whitby, im Mai 2022
Liebe Grüsse
Liebe Grüsse
Rene
Reiseroute
28. April 2022 Fountains Abbey and Studley Royal Water Garden
UK29. April 2022Helmsley und Rievaulx Abbey
UK30. April 2022 Mallyan Spout Waterfall, Goathland, Whitby
UK1. Mai 2022Heighington Village
UK
Erfahrungsberichte