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Mit Mut fangen die schönsten Geschichten an.
03. November 2024 - Reisetagebuch Eintrag #170
- DOWN UNDER | geschrieben von Magdalena
Auf nach Australien
Am 25.09. klingelt unser Wecker sehr früh. Wir haben gerade mal halb fünf Uhr morgens. Die nächsten zwei Tage haben wir eine lange Reise vor uns. Zuerst geben wir unser Mietauto wieder zurück und lassen uns dann mit dem Shuttlebus zum Airport bringen. Die erste Etappe heisst: Fort Lauderdale bis Los Angeles. Abgesehen davon, dass wir wie Sardinen eingequetscht in die Sitze gepfercht sind, verläuft der 5 ½ Stunden Flug unspektakulär. Nun heisst es satte 14 Stunden am Flughafen LA warten, bis der 15-stündige Anschlussflug nach Sydney startet. Wir schaffen es, die lange Wartezeit am Flughafen irgendwie totzuschlagen und ziemlich zerknittert und k.o. landen wir am 27.09. in Sydney. Wir sind froh, endlich wieder festen Boden unter den Füssen zu haben und gönnen uns erstmal eine warme Dusche am Airport. Das tut gut. Unsere Reise ist aber noch nicht vorbei, denn danach geht es mit dem Uber zum Bahnhof, wo wir in den Zug Richtung Central Coast steigen. Was für ein Ritt.
Drei Stunden später und nach einer Reisezeit von über 2 Tagen stehen wir vor unserem neuen Reisemobil. Patrika, wie sie von ihrer Besitzerin genannt wurde, wird uns, wenn alles gut geht, die nächsten 4 Monate kreuz und quer durch Australien bringen. Wir sind sehr aufgeregt und schonmal erleichtert, als wir all unser Hab und Gut erfolgreich verstaut haben und der kleine Van nicht aus allen Nähten platzt. Jetzt heisst es erstmal einkaufen gehen, wir müssen Bettzeugs und ein WC besorgen. Zum Glück gibt es hier um die Ecke einen “Anaconda”. Das ist in Australien neben dem BCF, “DER” Markt, wenn es um Campingbedarf geht. Wie haben uns schon im Vorhinein Gedanken gemacht, was wir brauchen und müssen nur noch die Sachen im Shop finden und einpacken. Nach der langen Anreise haben wir keine Lust mehr, noch lange shoppen zu gehen. Nachdem alles verstaut ist, machen wir noch einen schnellen Abstecher zu Aldi und holen uns was fürs Abendessen und fürs Frühstück. Den Grosseinkauf wollen wir morgen erledigen, wenn wir ausgeschlafen sind. Danach fahren wir nur noch zum Übernachtungsplatz, Essen was, bauen zum ersten Mal das Bett im Van auf und fallen Hundemüde in die Federn.
Surfer, Hunde und Wale
Unsere ersten zwei Tage in Australien verbringen wir an einem wunderschönen Strand an der Central Coast. Wir packen alles um, organisieren den Van, kaufen die ein oder anderen nützlichen Dinge, um uns das Leben auf so engen Raum etwas zu erleichtern und kommen erstmal an. Wir haben noch etwas mit dem Jetlag zu kämpfen und sind es noch nicht gewohnt das es um 18 Uhr schon stockdunkel wird. Hier hat eben erst der Frühling begonnen und irgendwie ist es gerade eine komplett verkehrte Zeit für uns. Wir geniessen es, bei Nieselregen im Van zu sitzen und dem regen Treiben rund um uns zuzusehen. Hier ist ganz schön was los. Die ersten Surfer kommen kurz nach Sonnenaufgang und teilen sich den Strand mit den Hundebesitzern die ihre Hundis hier ausführen. Das Wetter ist wie bei uns im April. Mal scheint die Sonne und keine 10 Minuten später regnet es. Den Surfer und den Hunden macht das wenig aus. Sie haben alle ihren Spass und lassen sich nicht davon abbringen, ihrer Leidenschaft nachzugehen.
Ganz überrascht sind wir, als wir im Ozean plötzlich Fontänen wahrnehmen. Keine 5 Minuten nach der ersten Sichtung bekommen wir eine Show der Superlative geboten. Aktuell ziehen Buckelwale in den Süden und so wie es aussieht haben sie jede Menge Spass dabei. Sie springen aus dem Wasser, schlagen mit ihren Seitenflossen auf die Wasseroberfläche und ziehen gemütlichst ihre Bahnen ganz nahe am Strand. Wir waren so fasziniert und haben die Wale den ganzen Tag immer wieder beobachtet, dass wir ganz vergessen haben, Bilder zu machen.
Wir sind froh, dass es bei unserm Plätzchen am Strand WCs und kalte Duschen gibt. Wir hatten in unseren bisherigen Wohnmobilen immer alles an Board und waren dadurch komplett unabhängig. Nun müssen wir uns erst an die neue Situation gewöhnen. Wir haben uns zwar eine portable Dusche und ein «Porta Poti» (eine kleine, mobile Toilette) gekauft, aber das ist natürlich nichts im Vergleich zu einem fixen Badezimmer im Camper. Da die Temperaturen noch frühlingshaft sind - wir reden von tagsüber 18 Grad und in der Nacht 11 Grad - ist die kalte Dusche am Morgen eine kleine sportliche Herausforderung.
Nach zwei Tagen am Dog Beach wollen wir weiterziehen. Unser nächster Stopp ist gerade mal eine Autostunde entfernt und klingt sehr vielversprechend. Hier soll es Höhlen geben, die nur bei Ebbe besucht werden können, und zudem soll es einige schöne Küstenwanderungen geben.
No Overnight
Wieder erwartet uns ein grosser Parkplatz direkt am Strand mit einem Badehaus, das WCs und zumindest kalte Duschen gratis zur Verfügung stellt. Überall finden sich wieder überdachte Picknick Plätze mit gratis BBQ´s und schönen Sitzgelegenheiten. Leider fallen uns all die “No Overnight” Schilder auf. Hier an der Ostküste ist es nicht mehr wirklich erlaubt, “frei” zu stehen und es wird an immer mehr Orten verboten. Im Laufe des Tages kommen wir mit einem Einheimischen ins Gespräch, der meint, es sollte kein Problem sein hier zu übernachten, wenn wir uns ruhig verhalten und keinen Müll hinterlassen, sehen sie das hier nicht allzu eng. Ein komisches Gefühl bleibt aber trotzdem, wenn man eigentlich weiss, dass es nicht erwünscht und verboten ist. Wir geniessen zwei Tage an diesem schönen Strand, und tatsächlich scheint es niemanden zu stören, dass wir hier die Nacht verbringen. Wir stellen uns so weit wie möglich Abseits, damit wir den Tagesgästen nicht den Parkplatz wegnehmen. Wir erkunden die Höhlen, gehen an der Küste spazieren und beobachten die Surfer, die schon um sechs Uhr morgens die ersten Wellen reiten. Allgemein fällt uns auf, dass die Australier sehr sportlich sind. Kaum geht die Sonne auf, wird Sport betrieben, ob Walking, Joggen, Fahrradfahren, Rugby spielen und natürlich Surfen. Dementsprechend durchtrainiert sehen hier die Leute aus und wir kommen uns ehrlich gesagt ein wenig unsportlich und etwas aus der Form geraten vor.
Unser nächster Stopp ist die zweitälteste Stadt des Landes, Newcastle. Diese Hafenstadt hat eine reiche Geschichte, die bis in die frühen Tage der britischen Kolonisierung reicht. Gegründet 1804, begann Newcastle als Sträflingskolonie, die hauptsächlich für den Abbau von Kohle genutzt wurde. Auch heute noch spielt die Kohlewirtschaft eine zentrale Rolle in der Region. Newcastles Hafen ist einer der grössten und verkehrsreichsten Häfen für den Kohleexport weltweit. Wir besuchen als erstes den Memorial Walk, eine beeindruckende Fussgängerbrücke entlang der Küste, die einen herrlichen Blick auf das Meer bietet und an die australischen Soldaten des Ersten Weltkriegs erinnert. Danach besuchen wir die Christ Church Kathedrale. Sie befindet sich auf einem Hügel und bietet einen herrlichen Blick über Newcastle und den Hafen. Die ursprüngliche Kathedrale wurde 1817 als kleine Kirche errichtet, aber das heutige Gebäude wurde im neugotischen Stil entworfen und 1902 fertiggestellt. Die riesige Kathedrale wurde jedoch während des Erdbebens von Newcastle im Jahr 1989 schwer beschädigt und musste restauriert werden. Im Inneren findet man wunderschöne Buntglasfenster, die biblische Szenen und Gedenkmomente der Geschichte Australiens darstellen.
Wir parken unseren Van zentral am grossen Strandparkplatz und machen uns zu Fuss auf zum Fort Scratchley. Das Fort bietet einen genialen Ausblick auf die Küste und Teile des riesigen Frachthafens. Einige Räume des Forts stehen für die Öffentlichkeit zur Verfügung und die Informationstafeln und ausgestellten Stücke lassen erahnen, wie es hier früher war. Anschliessend erkunden wir noch den Strand und den Newcastle Breakwater der unter dem Lighthouse vorbeiführt.
Von unserem Parkplatz aus haben wir beste Sicht auf die Hafeneinfahrt. Wir staunen nicht schlecht, als am frühen Abend riesige Kohlenfrachtschiffe einfahren. Sie werden jeweils von 3 Lotsen begleitet. Die Lotsen sehen neben diesen Kolossen aus wie Streichholzschachteln. Wir sind ganz fasziniert und geniessen es, an so einem grossartigen Ort stehen zu können. Auch wenn es hier offiziell wieder nicht erlaubt wäre, über Nacht zu stehen. Doch wir teilen uns den riesigen Parkplatz mit etwa 20 anderen Campern, die über Nacht bleiben, und so haben wir zwar kein reines Gewissen, aber zumindest fühlen wir uns nicht ganz so schlecht.
Weiter geht es nach Nelson Bay. Hier wollen wir die Wanderung zum Tomaree Head Outlook machen. Schon die Anfahrt nach Neslon Bay ist spektakulär. Wir fahren entlang der Lagune und können uns an dem türkisblauen Wasser gar nicht sattsehen. Wir staunen nicht schlecht, als wir am Parkplatz ankommen und auf einmal einen Parkautomaten entdecken. Bis dahin waren die Parkplätze an der Östküste alle kostenlos und auch nicht zeitlich begrenzt. Da uns der Obolus von 8 Australischen Dollar (etwa 5 Euro) für eine Parkdauer von 2 h etwas viel erscheint, machen wir uns auf die Suche nach einer Alternative und finden ausserhalb des Zentrums dann doch noch einen kostenlosen Wanderparkplatz, der genau auf unserer Wanderstrecke liegt. Ausgerüstet mit viel Wasser machen wir uns auf zum kurzen, aber steilen Aufstieg. Oben am Lookout angekommen staunen wir nicht schlecht über die Aussicht. Wie schön kann ein Land sein? Wir sehen kleine vorgelagerte Inseln. Wunderschöne Buchten mit endlos wirkenden Sandstränden und natürlich auch wieder Wale die Richtung Süden ziehen. Unglaublich, wir hätten nicht gedacht, dass uns so schnell nochmal etwas sprachlos macht.
Kurz vor Sonnenuntergang machen wir uns auf nach Anna Bay. Hier wollen wir morgen die grossen Dünen erkunden. Frühmorgens begeben wir uns auf einen Spaziergang entlang dem 32 Kilometer langen Stockton Beach. Egal wie früh wir aufstehen, es gibt hier immer wieder Leute, die ihren Morgensport schon hinter sich haben. Auch wenn ich mich wiederhole, es ist unglaublich, wie aktiv die Aussies sind. Wir spazieren entlang des Strandes, gehen rauf auf die Dünen und geniessen die immer wärmer werdenden Temperaturen. Nach Florida ist es eine Wohltat, wieder mal frische, kühlere Luft atmen zu können. Wer hätte gedacht das es selbst mir mal zu heiss werden könnte?
Da wir uns etwas unwohl mit den ganzen Verbotsschildern fühlen und endlich mal legal ein paar Tage irgendwo stehen wollen, begeben wir uns etwas ins Landesinnere. Die Auswahl ist hier nicht allzu gross und wir sind uns nicht sicher, ob das ausgesuchte Plätzchen geeignet ist, aber lassen wir uns mal überraschen. Angrenzend an einen Platz, an dem man Gratis übernachten darf, soll es ein Schwimmbad geben. Das klingt super, und da es die nächsten Tage über 30 Grad geben soll, kommt uns die nasse Abkühlung sicherlich gelegen. Wir decken uns noch mit Lebensmittel ein, verplempern mal wieder zu viel Zeit in dem Shoppingcenter und kommen erst kurz vor der Dämmerung am Parkplatz an.
Schon ab der ersten Minute wissen wir, dass wir das Wochenende hier nicht verbringen wollen. Es handelt sich um einen schräg abfallenden Schotterplatz, der, so wie es aussieht, zum Schwimmbad gehört und sicherlich nicht dafür gedacht ist, mehrere Tage besetzt zu werden. Tja, das war wohl nichts. Wir verbringen den Abend damit, für den nächsten Tag einen anderen Platz zu finden.
Irgendwie läuft es noch nicht so rund, wie wir uns das vorgestellt haben. Wir sind noch sehr von den USA verwöhnt. Dort mussten wir nie lange suchen, um spektakuläre Stell- und Übernachtungsplätze zu finden. Ach, was sind wir an wunderschönen Orten gestanden. Sogar mit Feuerstellen und Sitzmöglichkeiten, völlig legal. Vielleicht sollten wir uns mal selbst an der Nase nehmen und umdenken. Wir sind jetzt nicht mehr in den USA, wir sind in Australien und hier gelten einfach andere Regeln.
Depression in Down under
Am nächsten Morgen machen wir uns früh auf den Weg. Es ist langes Wochenende und vermutlich wird der neu ausgesuchte Platz schon ziemlich voll sein. Zumindest sind wir uns sicher, dass dieses Plätzchen besser passen könnte. Wir steuern einen kostenlosen Waldcampingplatz im Lansdowne Forest an. Uns erwartet eine grosse Wiese inmitten von Eukalyptusbäumen. Hier ist es gestattet, bis zu 30 Tage zu stehen. Es gibt lediglich Plumpsklos und Mülleimer, ansonsten ist hier “Drycamping” angesagt. Als wir ankommen, ist schon einiges los und viele Plätze sind besetzt. Die Australier lieben es zu Campen, egal ob mit Zelt, Wohnwagen, Wohnmobil oder Dachzelt. Alles ist hier vertreten.
Mit unserem kleinen “Büssli” finden wir jedoch locker noch einen Platz und holen erstmal unsere Stühle raus. Die sind zwar alles andere als bequem, aber wir können zumindest draussen sitzen. Langsam wird es ganz schön heiss, die Sonne knallt runter, es hat schon 30 Grad und Schatten ist hier Mangelware. Eine Markise wäre jetzt ein klarer Game-Changer. Aber da wir mitten im Wald stehen, wird der Schatten vermutlich ziemlich schnell gegen Nachmittag kommen. Jetzt heisst es ertmal frühstücken und da kommen wir zum ersten Mal mit der von mir so gefürchteten Tierwelt in Berührung. Australien ist bekannt für die giftigsten und tödlichsten Tiere auf der ganzen Welt. Egal ob zu Land oder im Wasser, irgendwas will dich hier immer töten und fressen. Oder umgekehrt. Und nun hat es auch uns erwischt.
Vorab und ehrlich: wir waren NICHT in Lebensgefahr. Aber gerechnet haben wir nicht damit. Vielleicht hat der ein oder andere schonmal was vom Kookaburra (auf Deutsch – «Lachender Hans» oder Jägerlist) gehört? Es handelt sich hierbei um einen Vogel aus der Familie der Eisvögel. Wir haben ihn schon oft gesehen und vor allem gehört, seit wir in Australien sind. Und bis dato haben wir ihn auch echt sympathisch gefunden. Aber als Rene ungewünscht mit ihm auf Tuchfühlung gegangen ist, war der Spass vorbei. Ich versuche mich kurzzuhalten. Aufgrund der Hitze und der fehlenden Markise, haben wir beschlossen, unser Frühstück unter einem Baum einzunehmen. Kaum hat Rene sein Wurst-Käsebrot gerichtet, kommt wie aus dem Nichts von hinten der Lachende Hans angeflogen und stiehlt ihm im Vorbeiflug den Käse vom Brot. Erschrocken und geschockt kann Rene kaum glauben was gerade passiert ist. Wir hören den Käsedieb auch noch gehässig lachen, doch wir denken uns nichts weiter. Müssen wir eben besser aufpassen.
Keine 5 Minuten später kommt er nochmals, sticht ohne Vorwarnung aus der Luft auf unseren Frühstückstisch, stiehlt das nächste Stück Käse und fliegt davon. Das ganze dauert keine 2 Sekunden. Rene platzt fast der Kragen. Er probiert, dem Dieb noch ein Stöckchen hinterher zu schmeissen (vergebens) und ist ab nun auf der Lauer. Noch einmal lässt er sich nicht seinen Käse stehlen. Ein paar Augenblicke später kommt der freche Hans wieder von hinten angeflogen. Rene ist vorbereitet und probiert, die Attacke mit der Hand abzuwehren. Es gelingt ihm auch. Der Käse bleibt auf dem Brot, aber dafür hat es ihn erwischt. Hans hat ihn mit seinen scharfen Krallen oder seinen massiven Schnabel gestreift und nun bleibt Rene für immer eine Wunde auf seinem Arm zurück. Ok, dass mit der Wunde ist etwas übertrieben. Es war ein kleiner Kratzer, den ich nicht mal verarzten musste. Ich hätte sie nicht mal gesehen, wenn Rene mir sie nicht gezeigt hätte. Aber anlegen will man sich mit dem diebischen Hans wohl nicht. Unser Frühstück haben wir im Van beendet, denn wir waren uns sicher, er hätte uns auch ein viertes Mal attakiert.
Den restlichen Nachmittag verbringen wir in unseren unbequemen Stühlen in der Hitze und lenken uns mit Kartenspielen und Hörbuchhören ab. Irgendwie fallen wir beide in ein Tief. Unsere bis dato gute Stimmung ändert sich Schlagartig und wir wissen gerade nicht so recht, was überhaupt los ist. Seit wir in Australien gelandet sind waren wir unterwegs, haben was angeschaut oder waren mit ein- und umräumen beschäftigt. Jetzt, da wir etwas zur Ruhe kommen, wird uns erst bewusst, in was für ein «Abenteuer» wir uns da gestürzt haben. Wir tun uns mit dem sehr begrenzten Platz im Van und dem spärlichen Komfort echt schwer. Wir sind es gewohnt, an einem Tisch zu sitzen, wenn wir essen wollen. Wenn wir Müde waren, sind wir einfach ins Bett gegangen und wenn wir Duschen wollten oder aufs WC mussten, war das absolut kein Ding. Egal ob bei Frida oder bei Ollie, all unsere Reisemobile hatten immer ein Bett, ein Sitzplatz mit Tisch und ein Badezimmer an Board. Wir hatten eine Markise, die uns Schatten spendet, wir hatten immer bequeme Stühle und zum Schluss sogar Liegen dabei. Unsere Wohnmobile waren immer ein Rückzugsort, eine Wohlfühloase und unser kleines Zuhause.
Erst jetzt wird uns so richtig bewusst, was wir alles aufgegeben haben, indem wir uns so einen kleinen Van für diese Reise ausgesucht haben. Wenn wir essen wollen, müssen wir zuerst den Tisch aufbauen. Sobald der steht, können wir uns nur noch schwer im Camper bewegen, weil der alles blockiert. Beim Bett machen ist schon ein grösserer Umbau vorzunehmen. Der Tisch wird zum Teil des Bettes, dann noch ein Zusatzbrett und die Rückenpolster dienen gleichzeitig als Matratze. Ich muss euch wohl nicht erklären, dass es sich dabei um keine Memory Foam Matratze handelt. Das gekaufte «Porta Porti» ist eigentlich ganz ok und tut seinen Dienst. Klar ist es nicht mit einem herkömmlichen WC zu vergleichen aber wir haben immerhin eines für Notfälle an Board. Doch es steht permanent im Weg. Der Frischwassertank misst nur noch 40 Liter (gewohnt sind wir 120-200 Liter). Da muss man sich alles noch viel besser einteilen, wenn man mal länger autark stehen will. Wenn nicht eine externe Wasserquelle vorhanden ist, wird es schwierig jeden Tag zu duschen. All diese Sachen haben wir gewusst, als wir uns für den Van entschieden haben, aber bewusst wird es uns erst jetzt so richtig. Wir sind erst jetzt draufgekommen, dass wir uns mit dieser Umstellung schwerer tun als gedacht. Natürlich wäre das alles kein grosses Thema, wenn wir nur 2 oder 3 Wochen unterwegs wären. Aber uns stehen noch ganze 4 Monate bevor.
Zu den Umstellungen beim Camper kommen noch die vielen Verbotsschilder dazu. Wir sind es nicht mehr gewohnt, nicht dort parken zu können, wo es uns lieb ist. Man kommt sich nicht willkommen vor und hat eher das Gefühl, das die Leute einen nicht hier haben wollen. Wenn wir so mit den Einheimischen reden, stellt sich schnell heraus, dass sie von all den Schildern genauso genervt sind wie wir. Sie lieben es selbst, zu campen und so zu reisen. Doch wie es aussieht haben die Jungen, die «Backpacker», es in den letzten Jahren übertrieben. Sie standen mit ihren Autos oder notdürftig zusammengezimmerten Vans überall herum. Haben ihren Dreck und Fäkalien hinterlassen. Hatten weder WC noch Wasser an Board und haben eine ziemliche Sauerei angerichtet. In den von den Gemeinden zur Verfügung gestellten WCs wurde randaliert und es wurden Sachen kaputt gemacht. Da ist es nur verständlich, dass nun die Gemeinden einen Riegel davorschieben und alles verbieten. Man kann es ihnen nicht verdenken. Schade, dass der Mensch so dumm ist und immer nur an sich selbst denkt und nicht daran, für andere etwas sauber zu hinterlassen und es schätzen, was einem freiwillig gegeben wird.
Uns kommen langsam Zweifel, ob es wirklich das Richtige war, Australien mit einem so kleinen Van zu bereisen. Irgendwie fühlt sich alles gerade sehr komisch an. Jetzt sind wir endlich an einem Platz, wo wir legal stehen dürfen, unseren Tisch und die Stühle hinausstellen können und dann fallen wir plötzlich in ein Tief. Was haben wir uns dabei gedacht? War es ein Fehler? Sollen wir abbrechen? Wie geht es weiter? Gewöhnen wir uns an die neue Situation? Brauchen wir nur etwas mehr Zeit, um hineinzukommen? In den USA war am Anfang auch vieles schlecht und ungewohnt und trotzdem sind wir mit der Zeit klargekommen. All diese Fragen schwirren uns im Kopf herum. Wir probieren einander gegenseitig aufzumuntern, aber irgendwie will das heute nicht so ganz gelingen.
Am nächsten Morgen geht es uns zwar immer noch nicht besser, aber wir probieren das Beste aus der Situation zu machen. Wir schnappen unsere Stühle und setzen uns unter einen Baum in den Schatten. Das Frühstück gibt es aber vorsichtshalber im Van. Wir haben dazugelernt. Da heute grosser Abreisetag ist, sind einige Schattenplätze frei geworden, nur leider können wir unseren Van nicht im Schatten platzieren, den irgendwie hat der Kühlschrank über Nacht unsere Batterie ziemlich leergesaugt. Wir haben gerade noch 45 % Batteriekapazität übrig und die Solarpanels geben trotz besten Wetterbedingungen so gut wie gar nichts her. Irgendwie werden wir das Gefühl nicht los, dass die Panels nicht so viel Watt haben wie laut Vertrag beschrieben. Eigentlich müssten wir mit den 260 Watt starken Platten recht schnell wieder voll sein. Aber wir bekommen bei wolkenlosem Himmel zur Mittagszeit gerade mal 10 Ampere die Stunde rein. Da dauert es mindestens 9 Stunden bei konstanter Sonneneinstrahlung, um unsere Batterie wieder voll zu bekommen. Wir halten kurz Rücksprache mit dem Vermieter, aber der meint, dass die Panels korrekt laden und nicht mehr als 10-12 Ampere einspeisen können. Schon komisch, denn unser gerade mal 200 Watt starkes Faltpanel in den USA hat bei solchen Konditionen gute 16 Ampere herausgeholt. Wir können nur akzeptieren, was uns der Vermieter sagt. Na grossartig, nochmal ein Minuspunkt und die nicht vorhandene Markise macht das Ganze nicht besser. So müssen wir uns nun wohl oder übel daran gewöhnen, den Van immer in der Sonne stehenzulassen und wir können schauen, wo wir Schatten, herbekommen. Unsere Stimmung sinkt noch weiter ab.
Am Nachmittag gesellen sich unsere Nachbarn zu uns in den Schatten. Wir kommen schnell ins Gespräch und erfahren, dass sie inzwischen schon 5 mal ganz Australien umrundet haben und auch das Outback einige Male besucht haben. Sie geben uns Tipps und machen uns Mut, dass wir das auch mit unserem kleinen Van schaffen können, wenn wir uns nur richtig anpacken und auf gewisse Sachen achten. Wir haben zwar nicht vor, ganz Australien zu bereisen, aber irgendwie hat es uns positiv gestimmt und unsere Stimmung zumindest ein wenig verbessert. Wir wollen probieren, frei zu stehen, wenn es gut geht und erlaubt ist und wenn wir in einem touristischen Gebiet unterwegs sind, wo es nicht geduldet wird, dann müssen wir eben auf einem Campingplatz. Als wir damals in Europa gereist sind, haben wir es genauso gemacht. Positiver gestimmt und mit neuer Hoffnung, dass dieses Abenteuer doch noch nach unserem Geschmack verläuft, bereiten wir uns unser Abendessen zu und gehen früh ins Bett. Morgen wollen wir wieder weiterfahren und die Küste unsicher machen.
Liebe Grüsse
Reiseroute
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