Touristendschungel und Fliegerstaffeln
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20. Juni 2021
- AUF DEN SPUREN VON "GAME OF THRONES" | geschrieben von Rene
Carboneras
Unser nächstes Ziel klingt wie ein leckeres italienisches Nudelgericht: Carboneras. Wer davon noch nie gehört hat, befindet sich wohl in guter Gesellschaft. Die Anfahrt von La Manga nach Carboneras ist wunderschön. Wir entscheiden uns – wie so oft – die Autobahn zu meiden und lieber auf der Bundesstrasse entlang der Küste zu fahren. Was sich wieder einmal bezahlt macht. Über eine malerische Landschaft inklusive atemberaubenden Aussichtspunkten erreichen wir das eher kleine und unbedeutende Städtchen ziemlich mitten im nirgendwo an der Mittelmeerküste. Unser Stellplatz befindet sich in einer leichten Anhöhe schon ein bisschen ausserhalb der Stadt. Im «Camper Park Carboneras» lernen wir die supersympathische Barbara kennen, die den Stellplatz betreut. Sie nimmt sich alle Zeit der Welt und erklärt uns geduldig und detailliert, was man in der Gegend alles machen kann. Das freut uns natürlich, denn wir sind eigentlich nur aus einem bestimmten Grund in diese Gegend gekommen: Wegen dem «Torre de Mesa Roldan». Auch hier gilt wieder: wem das nichts sagt, ist wieder in guter Gesellschaft. ABER unbewusst hat es der ein oder andere «Game Of Throne»-Fan wohl schon wahrgenommen – so diente der Turm für eine der vielen Schlüsselszenen aus der sechsten Staffel der HBO-Fantasy-Serie. Die 8 Kilometer zum Schauplatz legen wir wieder mit unseren Fahrrädern zurück. Mittlerweile gewinnen wir mehr und mehr Selbstvertrauen in uns und unsere Bikes. Doch die letzten paar Kilometer haben es wirklich in sich. Gerade das allerletzte Teilstück geht steil bergauf und wir müssen das erste Mal schieben. Aber egal, wir schaffen es trotzdem und gelangen an unser Ziel. Historisch gesehen ist der Turm so unbedeutend, dass ihm nicht einmal ein Eintrag in der deutschen Wikipedia gewidmet wurde. Aber das macht nichts – als Fan der Serie nimmt man einiges in Kauf, um an den originalen Schauplätzen stehen zu können. Tatsächlich wirkt es auch relativ unspektakulär. Der Turm wurde Ende des 15. Jahrhunderts gebaut und diente dem Schutz der Küste vor Piratenangriffen. Doch so hoch wie der Turm über den Klippen steht, kann er maximal als Ausguck gedient haben, und nicht als Verteidigung. Da haben die Piraten sicherlich gelacht. Aber trotzdem und immerhin: Der Wachturm war im Oktober 2015 Drehort für die 6. Staffel der TV-Serie und diente in Folge 9 als Befestigung der fiktiven Stadt Meereen. Und natürlich machen wir wieder unglaublich übertrieben viele Fotos aus derselben Position – was wir dann später beim Aussortieren der Bilder wieder bitter bereuen. Irgendwann müssen wir wohl doch einsehen, dass es nicht notwendig ist, 259 Sicherheitskopien aus dem gleichen Blickwinkel zu schiessen. Aber na ja, wer weiss, vielleicht macht es sich ja eines Tages bezahlt.Bei der Rückfahrt schauen wir beim «Playa De Los Muertos» vorbei – was wir von der guten Barbara als Tipp bekommen haben. Die einzige Möglichkeit an den Strand zu kommen ist über ein relativ steiles Bergstück auf einem Trampelpfad. Das macht den Strand natürlich attraktiv, da sich die meisten Menschen dieses Abenteuer nicht antun. Aber doch sind einige vorzugsweise junge Besucher am langen, idyllischen Kiesstrand mit dem prächtigen Felsen zu finden. Der Strand ist wirklich top, wir sind schwer beeindruck von der wilden Schönheit. Leider ist das Meer an diesem Tag – obwohl herrliches Wetter vorherrscht – ziemlich unruhig und die gut 2 Meter hohen Wellen brechen ungestüm herein. Niemand geht ins Wasser, wir natürlich auch nicht. Es sieht einfach zu gefährlich aus. Sogar für mich, obwohl ich ansonsten für jeden Blödsinn zu haben bin. Aber eine kleine Auszeit am Strand gönnen wir uns doch und geniessen die Sonne, das Meer und den zugerauchten Hampelmann, der um sein Handtuch torkelt und über sich selbst lacht.
Auf dem Heimweg beschliessen wir, dass wir der Stadt Carboneras selbst heute keinen Besuch mehr abstatten. Das Programm war schon umfangreich genug und wir fahren zum Stellplatz, der am Morgen, als wir losgefahren sind, noch leer war. Nun steht ein deutsches Wohnmobil quer gegenüber von uns. Dazu noch zwei Fahrräder. Nichts Ungewöhnliches. Wir grüssen mal freundlich rüber zu den 4 jungen Leuten, die rund um eine wohl ziemlich fertige Fellnase sitzen, die in der Mitte liegt und schnarcht. Wir gehen kurz zu Barbara an die Rezeption und bedanken uns für den grossartigen Tip mit dem Playa De Los Muertos und erzählen ihr, was wir alles gemacht haben. Wenig später erzählt sie uns dann, was es mit dem Hund auf sich hat. Offensichtlich ist er ihnen zugelaufen – doch die Geschichte ist doch etwas komplexer, wie wir gleich erfahren werden.
Wir gesellen uns mal zu der Runde draussen am Stellplatz dazu – alle sprechen Deutsch und so wird gleich mal klar, was passiert ist. Tobi und Sina sind mit dem Wohnmobil unterwegs, und das andere Paar – (auch ein) Tobi und Gina sind seit August 2020 mit dem Fahrrad unterwegs und wollen es von Hamburg nach Portugal und wieder zurück nach Hamburg schaffen. Sie sind nun schon auf dem Rückweg. Ungläubig und ein bisschen enttäuscht fühle ich mich plötzlich gar nicht mehr grossartig, und die lächerlichen paar Kilometer die wir heute zurückgelegt haben sind nichts im Vergleich zu der Aufgabe, die die beiden vor sich haben. Aber zurück zur Sache: etwa 15 bis 20 Kilometer vor dem Stellplatz ist der Hund wohl auf der Strasser herumgeirrt und ist wahllos den Autos nachgelaufen. Natürlich ist niemand stehen geblieben. Als er die beiden entdeckt hat ist er dann ihnen nach. Alle Versuche, ihn abzuschütteln sind wohl gescheitert und so hat er es bis zum Stellplatz geschafft. Seitdem weicht er Gina nicht mehr von der Seite. Den restlichen Abend haben wir dann bis spät in die Nacht mit leckeren alkoholischen Getränken und dem Ausloten aller Möglichkeiten für eine wohlwollende Zukunft des Streuners verbracht. Die einfachste Möglichkeit wäre, ihn in einem Tierheim abzugeben. Was aber nach ein paar Tagen vermutlich das Todesurteil des armen Tieres bedeutet hätte. Nächste Möglichkeit wäre ein Refugium, welches die Tiere behält und dann weitervermittelt. Möglichkeit 3: Tobi und Gina nehmen sich der armen Seele an und versuchen irgendwie, ihn zuerst vom Tierarzt komplett untersuchen und impfen zu lassen und ihn anschliessend mit den Fahrrädern nach Hamburg mitzunehmen. Die wohl mit Abstand abwegigste, aufwendigste, unzumutbarste und komplizierteste Variante, darüber sind sich alle einig.
Auch den nächsten Tag – ein etwas regnerischer Donnerstag – verbringen wir mit Gesprächen, Geschichten und gemütlichem Beisammensitzen mit den beiden Tobi’s, Sina und Gina. Der Rüde weicht Gina nicht von der Seite und folgt ihr auf Schritt und Tritt. Und immer mehr werden wir uns einig: er hat die beiden ausgesucht und wird sie wohl so schnell nicht wieder verlassen. Dann fällt die Entscheidung: auch wenn es noch so kompliziert ist: der Hund wird auf Gandalf (und die Kurzform Gandi) getauft, und sie setzen alles daran, den Hund mit einem Fahrradanhänger mit nach Hamburg zu nehmen. Hut ab vor den beiden und toll, dass ihr ihm wohl die Chance seines Lebens gegeben habt. Sina und Tobi haben zum Glück zufälligerweise einen Hundeanhänger im Wohnmobil dabei (wer hat das nicht?) – und bei einer Proberunde zeigt sich, dass Gandi fahrradtauglich ist. Zum Glück, das war das ausschlaggebende Quäntchen und sein weiteres Schicksal ist wohl zum positiven besiegelt. Wir halten euch über die weitere Geschichte von Gina, Tobi und Gandi auf dem Laufenden.
Auch mit Sina und Tobi verstehen wir uns ausgezeichnet. Wie wir hat das junge Paar alles hingeschmissen, ein Wohnmobil gekauft und sind seit Anfang des Jahres auf Achse. Es freut uns immer wieder, wenn wir gleichgesinnte Treffen oder Leute kennenlernen, die auf der gleichen Mission sind wie wir. Während wir aber eher im Schneckentempo unterwegs sind, haben die beiden in diesem Jahr noch einiges vor und wollen Ende Juni wieder einen Zwischenstopp in Deutschland einlegen. Es wäre sicher schön gewesen, wenn wir einen weiteren Teil der Strecke zusammen verbringen hätten können, aber dann müssten wir einiges von unserer To-Do-Liste auslassen. Als wir uns verabschieden sind wir uns jedoch ziemlich sicher, dass wir uns eines Tages wieder über den Weg fahren. Wir freuen uns schon darauf!
Malaga, im Juni 2021
Liebe Grüsse
Liebe Grüsse
Rene
Reiseroute
25. Mai - 28. Mai 2021Carboneras
ESP
Erfahrungsberichte
So toll 🙂 es gibt einfach schon coole Leute (eben wie ihr) auf dieser Welt ..
Und es sind die Begegnungen mit so coolen Leuten wie Euch, die unsere Reise so aussergewöhnlich und phantastisch machen! 😍
Vielen Dank, Ruth! Ganz liebe Grüsse an euch alle 🤗😘