Australien: Sonne, Regen, Wind und Tiere
5. Januar 2025Traumstrasse ins Chaos
Wer sich auf andre verlässt, der ist verlassen.
19. Januar 2025 - Reisetagebuch Eintrag #174
- TRAUMSTRASSE INS CHAOS | geschrieben von Magdalena
Koala Insel
Was für ein auf und ab mit den Temperaturen hier in Australien. Unseren letzten Bericht haben wir mit einer ziemlichen Hitzeschlacht beendet. Wir sind dankbar, dass es hier nicht immer so heiss ist, und so nutzen wir nun die angenehmen Temperaturen und machen uns auf Richtung Raymond Island. Die kleine Insel ist gerade mal 20 Minuten von unserem Campingplatz in Bairnsdale entfernt, der uns gestern echt das Leben erleichtert, wenn nicht sogar gerettet hat. Keine Ahnung, wie wir diese Hitzewelle sonst überstanden hätten. Wir packen die Kameraausrüstung und etwas Proviant in unseren Rucksack und machen uns vom Fährparkplatz zu Fuss auf Richtung Fähre. Da Raymond Island gerade mal etwa 6 km lang und 2 km breit ist, fällt es uns nicht schwer, den Van am Festland zu lassen und die Insel zu Fuss zu erkunden. So können wir uns auch die Fährkosten sparen, denn für Fussgänger ist die Überfahrt auf Raymond Island gratis. Auf der kleinen Insel ist ein Auto ohnehin vollkommen überflüssig. Wer hier was erleben will, der sollte die Insel zu Fuss erkunden.
Aber was machen wir eigentlich auf Raymond Island? Durch zwei liebe Reisebekanntschaften (Danke Andrea und Matthias) haben wir den Tipp erhalten, dass es auf dieser Insel noch freilebende Koalas geben soll. Nach dem wunderschönen Tag im Koala Hospital in Port Macquarie haben wir schon fast nicht mehr daran geglaubt, Koalas in freier Wildbahn zu entdecken. Wir haben jedoch inzwischen wieder Hoffnung geschöpft und freuen uns über jeden einzelnen Koala, den wir hoffentlich heute zu Gesicht bekommen.
Wir folgen zuerst dem ausgewiesenen «Koala-Track», biegen dann aber relativ schnell von der vorgeschlagenen Route ab und folgen unserer eigenen Spürnase. Es dauert keine 5 Minuten, da sichten wir auch schon den ersten Koala. Wir haben Glück, der kleine Kerl ist wach und verspeist gerade genüsslich ein Eukalyptusblatt nach dem anderen. Nur Lust auf ein Fotoshooting hat er heute nicht. Ziemlich schnell dreht er uns den Rücken zu und macht uns mehr als nur genug deutlich, was er von Zuschauern während des Essens hält.
Wir lassen ihn in Ruhe und können es kaum glauben, dass zwei Bäume weiter der nächste Koala sitzt. Dieser ist am Schlafen und zeigt uns sein niedliches Gesicht. Kaum ziehen wir weiter, entdecken wir auch schon unseren dritten Koala. Noch sieht er etwas müde aus und weiss noch nicht so genau, ob er sich jetzt für eine Mahlzeit oder doch noch ein Schläfchen entscheiden soll. Er hat sich schlussendlich fürs Schlafen entschieden.
Wir können es kaum glauben und sind richtig Happy. In gerade mal 10 Minuten haben wir schon unsere ersten drei Koalas gesehen. Wir lassen die «Rasselbande» in Ruhe und ziehen weiter. Wir spähen immer wieder hoch hinauf in die Bäume und sehen weitere Koalas. Da hier so gut wie keine Autos fahren, können wir gemütlich auf der Strasse spazieren und geniessen die schöne Natur, die uns hier umgibt. Auf Raymond Island leben gerade mal rund 600 Menschen, es gibt keine Hochhäuser oder riesige Gebäude. Hier findet man süsse kleine Einfamilienhäuser, Schotterstrassen und ganz viel Natur. Wir geniessen die Ruhe, freuen uns über Gleichgesinnte, die auch auf der Suche nach den Koalas sind und sind so dankbar dafür, dass wir diesen wunderbaren Ort besuchen können.
Neben den Koalas sehen wir auch wieder Kängurus und einen Ameisenigel. Vögel hat es hier auch zahlreiche und als wir eine ganz komische Vogelart in den Bäumen entdecken, werden wir von einheimischen belehrt, dass es sich um Eulenschwalme handelt. Die kleinen Vögel tarnen sich durch ihr Gefieder sehr gut und wir hätten die Familie fast übersehen. Nach gut 2 Stunden setzen wir uns unter einen Baum, der natürlich von einem Koala bewohnt wird, und verspeisen unsere Jausenbrote. Es ist ganz schön anstrengend, immer nach oben zu schauen und Koalas zu suchen. Unser Genick tut schon weh, aber es macht uns auch ehrlich gesagt ein wenig süchtig. Wir führen inzwischen eine Strichliste und sind bei Koala Nummer 30. Nachdem wir uns gestärkt haben, kann die Suche weiter gehen. Es gibt Strassenabschnitte, da finden wir keinen einzigen und dann gibt es wieder Strassen, da sitzt gefühlt an jedem dritten Baum einer. Nach rund 4 Stunden, steifem Genick und 50 Koalas später nehmen wir wieder die Fähre aufs Festland und sind überglücklich, diese seltenen Tiere doch noch in ihrer gewohnten und freien Umgebung gesehen zu haben.
Glückskinder im Nationalpark
Wir verbringen eine zweite ruhige Nacht auf dem Campingplatz und starten am frühen Morgen weiter Richtung Süden. Mit einem kurzen Zwischenstopp am 90 Mile Beach geht es weiter in den Wilsons Promontory Nationalpark. Der Nationalpark, auch "The Prom" genannt, ist ein rund 500 km² grosses, beeindruckendes Naturparadies. Bekannt ist er für seine spektakulären Küstenlandschaften, dichten Regenwälder, Granitfelsen und unberührten Strände. Auch dieser Park wurde uns von Andrea und Matthias empfohlen. Sie haben uns allerdings schon vorgewarnt, dass der Campingplatz ziemlich schnell während der Saison ausgebucht ist und nicht ganz billig sein soll.
Mit wenig Hoffnung habe ich mich vor zwei Tagen bei der Routenplanung auf der Webseite eingeloggt und unser Wunschdatum für eine Nacht eingegeben. Ich konnte es kaum glauben, als die Suchanfrage mir 10 freie Plätze ausgespuckt hat. Was aber noch unglaublicher war, ist die Tatsache, dass der Platz kostenlos ist. Ich konnte es kaum glauben und hab sicherlich eine Stunde nachrecherchiert, ob das wirklich stimmen kann. Schlussendlich habe ich gebucht, darauf gehofft, dass es kein Fake ist - und jetzt stehen wir an den Eingangstoren zum Nationalpark.
Als wir am Visitor Center halten und uns eine Wanderkarte organisieren, fragen wir die nette Dame warum den der Campingplatz, der normal über 30 Euro pro Nacht kostet, aktuell kostenlos ist. Wenn wir alles richtig verstanden haben, haben die Nationalparks in ganz Viktoria eine 6-monatige Aktion, vieles wird vergünstigt oder sogar kostenlos angeboten. Sie wollen den Menschen was zurückgeben, denn auch hier sind die Preise gestiegen und das Leben ist nicht mehr so einfach wie vor Covid und der Inflation. Das nenn ich mal einen fairen Zug des Staates.
Happy beziehen wir unseren Stellplatz und erkunden kurz die Umgebung. Der Campingplatz ist perfekt in die umliegende Natur eingebunden und mehrere Waschhäuser bieten auf dem mit über 480 Plätzen grossen Campingplatz einen willkommenen Luxus, den wir uns nicht erwartet hätten. Wir laufen entlang des Tidal Rivers zum Strand und sind wieder mal sprachlos über die atemberaubende Natur Australiens.
Nach einem ausgiebigen Frühstück fahren wir zum Wanderparkplatz, bei dem die 7,3 km lange Wanderung zum Mt. Bishop startet. Da wir leider nur einen Tag - oder besser gesagt einen Nachmittag - im Nationalpark Zeit haben, mussten wir uns für eine der vielen Wanderungen entscheiden. Wir haben die Wanderung auf den Mt. Bishop gewählt. Sie ist zwar nicht so populär wie die auf den Mount Oberon Summit, verspricht aber genauso einen traumhaften Ausblick und wir haben uns sagen lassen, dass sie bei weitem nicht so überlaufen sein soll. Als wir den Berg besteigen, kommen uns zwar ein paar Wanderer entgegen aber wir haben den wunderschönen Regenwald gefühlt für uns allein. Es ist herrlich durch diesen üppigen Wald zu laufen, der intensive Geruch des Eukalyptus ist ein ständiger Begleiter und die Vögel singen ihre wunderbaren Lieder. Es fühlt sich an, als ob man in eine andere Welt eintaucht. Als wir dann oben ankommen, wissen wir, dass sich die Anstrengung gelohnt hat. Wir werden mit einer gigantischen Aussicht über die Küste und den Regenwald des Wilsons Promontory Nationalparks belohnt.
Offroadstrecke
Der Tag im Nationalpark ist wieder mal viel zu schnell vorbei gegangen und dieses wunderschöne Fleckchen Erde wäre ein Ort, an dem man länger verweilen könnte. Leider haben wir nur für eine Nacht einen Platz bekommen. Dennoch können wir es immer noch kaum glauben, was für ein Glück wir hatten. Der einzig freie Tag war an unserem Wunschdatum und bis Februar 2025 gibt es keine freien Stellplätze mehr. Wer auch immer es uns gegönnt hat, dass wir so ein Glück haben, vielen Dank dafür.
Nach dem Besuch im Nationalpark steht wieder ein langer Fahrtag an. Wir wollen bis kurz vor Torquay kommen, denn hier beginnt die Great Ocean Road. Aber zuerst müssen wir mitten durch Melbourne durch. Sechs Stunden später kommen wir endlich an unserem Übernachtungsplätzchen an. Die Anfahrt dahin war etwas tricky. Es gibt zwei Wege, um auf den Stellplatz zu kommen und wir wussten, dass einer von den beiden ist eine ziemlich anspruchsvolle 4x4 Strecke ist. Doch leider sagt Google Maps nicht, welcher das ist. Glücklicherweise haben wir den richtigen Weg gewählt und bei der 50:50-Chance ausnahmsweise mal einen Treffer gelandet. Unsere Patrika hätte das wohl nicht geschafft, denn keine 10 Minuten später, als wir den Platz bezogen haben, kommt ein junger Mann in seinem Mercedes Sprinter Van an und fragt uns, ob die eine Strasse, die links raus aus dem Camp führt, auch so krass sei. Seinem schweissgebadeten Gesicht ist anzusehen, dass seine Anfahrt nicht so easy war wie unsere. Aktuell scheint das Glück auf unserer Seite zu sein.
Malerische Strasse
Die Nacht war ziemlich frisch und es hängen noch einige Wolken am Himmel, als wir uns auf den Weg Richtung Great Ocean Road machen. Es ist eine Schlechtwetterfront in Anmarsch und wenn wir die 243 km lange berühmte Küstenstrasse bei halbwegs gutem Wetter sehen wollen, dann wir müssen etwas mehr Gas geben, als uns das lieb ist.
Schon die ersten paar Meter auf der Küstenstrasse sind grandios. Immer wieder gibt es Einbuchtungen und Aussichtspunkte die einen genialen Ausblicke auf die bunte Landschaft, die Steilküste und die Küstenstrasse frei geben. Nicht weit entfernt von der Great Ocean Road gibt es auch einige Wasserfälle, zu denen man wandern kann. Aufgrund des Zeitmangels können wir nicht alle machen und so haben wir uns für die Erskine Falls entschieden.
Natürlich klappt das mit dem Gas geben bei uns nicht immer so wie geplant und so ist es schon kurz vor 17:00 Uhr als wir auf die Strasse Richtung Schlafplatz abbiegen. Gut, dass die Tage hier inzwischen immer länger werden und bis 20:30 Uhr ist es eigentlich noch einigermassen hell. Ich wusste von Bildern, die ich im Vorfeld gesehen habe, was uns auf dem Weg Richtung Übernachtungsplatz erwartet. Aber das dann in echt zu sehen, war nochmal ganz was anderes. Um zum Beech Forest, unserem Schlafplatz, zu gelangen, muss man eine ziemlich schmale, teilweise steile, sehr kurvige Strasse überwinden. Das aussergewöhnliche daran ist aber, dass diese schmale Strasse durch einen dichten Regenwald verläuft. Für die nächsten 30 Minuten tauchen wir in einen der schönsten Märchenwäldern ab, die wir je gesehen haben.
Am Schlafplatz angekommen sind schon alle Stellplätze belegt. Ein junges australisches Paar hat Mitleid mit uns und bietet uns an, ihre Parzelle mit uns zu teilen. Wir stehen zwar ziemlich schräg, dafür aber legal. Als kleines Dankeschön bringen wir ihnen am Abend einen heissen Tee zum Zelt, den sie überrascht und dankbar annehmen. Inzwischen ist es ganz schön kalt geworden. Das Thermometer zeigt gerade noch 6 Grad an. Bevor wir es uns jedoch im Van gemütlich machen, wollen wir noch „schnell“ zum Beauchamp Falls laufen. Der 2,5 km lange Wanderweg ist sehr gut ausgebaut und da es immer nur Bergab geht, ist man keine 20 Minuten später beim eindrucksvollen Wasserfall. Der Rückweg dauert aufgrund der Steigung dann doch ein wenig länger, aber die Abendwanderung hat sich auf jeden Fall gelohnt. Heute haben wir uns unser unbequemes Bett im Van sowas von verdient.
Da es ab dem frühen Nachmittag anfangen soll zu regnen, starten wir recht früh am nächsten Morgen. Heute steht eines der wohl bekanntesten Wahrzeichen Australiens auf unserem Tagesprogramm. Na, wer weiss es? Genau, die «12 Apostel». Und genau diese 12 Apostel wollen wir noch vor dem Regen fotografieren oder zumindest das, was von den zwölf noch übrig ist. Acht sollen angeblich noch stehen. Aber davon wollen wir uns heute selbst überzeugen. Rene drückt aufs Gas und kurz bevor sich die Wolkendecke ganz schliesst, schaffen wir es noch zu den aus Kalkstein bestehenden Felsformationen. Ursprünglich wurden sie durch Erosion geformt, als Wind und Wasser die umliegenden Klippen über Millionen von Jahren abgetragen haben. Einige der zwölf Formationen sind im Laufe der Zeit eingestürzt, da die Erosion fortschreitet. Die beeindruckenden Türme erreichen Höhen von bis zu 45 Metern. Und wir haben sie natürlich gezählt, es sind tatsächlich nur noch acht Apostel übrig (jegliche Angabe ist ohne Gewähr).
Nach unzähligen Aufnahmen reissen wir uns von den Aposteln los und flüchten ins Auto. Der Wind wird immer stärker und es zieht eine ziemlich schwarze Front in unsere Richtung. Wir frühstücken erstmal und besprechen, was wir heute noch alles anschauen wollen. Gerade mal 10 Minuten entfernt von den Aposteln gibt es noch das ein oder andere Highlight. Der Wettergott ist gnädig mit uns und hat die schwarze Wand an uns vorbei geschoben. Es klart immer mehr auf. Wir machen den Van abfahrbereit und fahren Richtung Loch Ard Gorge. Hier erwarten uns mehrere Aussichtspunkte und verschiedenste Formationen an der Steilküste. Die schmale Felsenklippe mit dem Namen Razorback die sich freistehend, steil aus dem Meer erhebt, beeindruckt uns sehr. Zum Abschluss fahren wir noch zur London Bridge. Danach war es das dann aber mit dem guten Wetter. Der Wind nimmt immer mehr zu und wir spüren schon den ein oder anderen Regentropfen.
Wir machen uns glücklich und mit vielen neuen Eindrücken auf in das gut 1 ½ Stunden entfernte Colac. An einem See gibt es hier einen gratis Stellplatz, an dem wir es uns nun noch einen Tag gemütlich machen wollen, bevor es dann auf nach Melbourne geht. Und für alle die sich fragen, warum wir nicht noch einen dritten Tag an der Great Ocean Road verbracht haben und lieber einen Tag frei machen? Bei Regen, Wind und schlechter Sicht haben wir einfach keine Lust auf Sightseeing.
Leider ist unser freier Tag am See nicht ganz so entspannt wie wir uns das gewünscht haben. Der Wind, der sich zunehmend zu einem Sturm entwickelt, pfeift uns ganz schön um die Ohren. Teilweise habe ich Angst, Seekrank zu werden, so schaukelt es unseren Van durch. Ich freu mich jetzt schon riesig, dass wir die nächsten zwei Wochen nicht mehr so dem Wetter ausgesetzt sind. Wir haben für dieses Jahr Weihnachten und Silvester nämlich etwas ganz Spezielles geplant.
Das Glück hat uns verlassen
Nach einer weiteren stürmischen Nacht machen wir uns am Weihnachtstag auf Richtung Melbourne. Keine 30 Minuten ausserhalb des Stadtzentrums erwartet uns ein “House und Pet Sit”. „Pet Sitting“ bedeutet die Betreuung von Haustieren durch eine Person, die sich während der Abwesenheit der Tierbesitzer um die Fütterung, Pflege und Beschäftigung kümmert, entweder im Zuhause des Besitzers oder beim Betreuer. Auf der Plattform «Aussie House Sitters» sind wir vor einigen Wochen fündig geworden und haben uns also entschieden, über die Feiertage auf die Haustiere aufzupassen – im Gegenzug dürfen wir während der Abwesenheit der Besitzer im Haus wohnen und alles benutzen. Wir müssen weder etwas bezahlen noch bekommen wir etwas dafür. Eigentlich eine feine Sache.
Wir werden die Feiertage also in einem kleinen süssen Haus verbringen und auf drei Katzen und drei Hühner aufpassen. Da aktuell in Australien gerade die Hauptreisesaison begonnen hat, dachten wir es wäre schön über Weihnachten und Neujahr nicht die Zeit im Van zu verbringen, sondern ein wenig mehr Platz, Komfort, ein gemütliches Bett (meine Rückenschmerzen machen mich noch fertig) und eine Dusche ganz für uns allein zu haben. Wie ihr ja schon mitbekommen habt, ist das Reisen in so einem kleinen Fahrzeug nicht ganz so unser Ding und wir brauchen mal eine “Vanlife” Auszeit. Im Gegenzug ermöglichen wir es Leuten über die Feiertage in den Urlaub gehen zu können und ihre Tiere und ihr Haus gut versorgt zu wissen. Quasi eine Win-win-Situation für alle. Wir haben ja schon öfters während unserer Reise auf Tiere oder Häuser geschaut und haben bis jetzt immer schöne Erfahrungen damit gemacht.
Wir hatten schon vor drei Wochen ein Telefonat mit der Hausbesitzerin Nicola und haben alles abgemacht. Nun sind wir nur noch 3 Stunden von unserem vorübergehenden Zuhause entfernt und fahren mit etwas gemischten Gefühlen Richtung Melbourne. Da wir nur ein Telefonat mit Nicole hatten - und keinen Videocall - wissen wir nicht so ganz, was uns erwartet. Die Bilder auf der Vermittlungsseite waren nicht wirklich aussagekräftig, da man nur die drei Katzen darauf erkennen konnte, aber nichts von der Umgebung. Sie hat uns auf unsere Bitte hin zwar noch Bilder vom Haus geschickt, aber das waren dann komischerweise welche, die der Makler gemacht hat, als sie das Haus vor ein paar Jahren gekauft haben. Wir wissen zumindest, dass es sich um ein kleines scharmantes Häuschen handeln soll, dass in einem ruhigen Vorort von Melbourne ist. Es soll Kaffees und Restaurants fussläufig geben und mit dem Zug ist man in nicht mal 30 Minuten mitten in der City.
Wir decken uns nochmal mit Lebensmittel für die nächsten Tage ein und treffen wie vereinbart am späten Nachmittag in Melbourne ein. Als wir in die Strasse abbiegen und gegenüber vom Haus parken, wissen wir sofort, dass es ein riesiger Fehler war. Die ganze Auffahrt ist voll mit Müll. Es liegt Sperrmüll rum, die Mülltonnen gehen über und man merkt sofort, dass hier Chaos herrscht. Wir würden am liebsten gar nicht aussteigen und weiterfahren. Aber jeder, der uns kennt weiss, dass wir das nicht können – wir stehen zu unserem Wort. Vielleicht ist es ja drinnen nicht ganz so schlimm. Wir begrüssen Nicola und ihren Freund und betreten das Haus. Die Schuhe lassen wir fürs erste vorsichtshalber an. Nach einem kurzen, hektischen Rundgang und einer Einweisung machen sich die beiden schnurstracks auf den Weg in ihren Urlaub. Wir hingegen müssen uns erstmal hinsetzen und den Schock verarbeiten. Uns beiden ist zum Heulen zumute und wir wissen grad nicht, was in den letzten 30 Minuten in unserem Leben schiefgelaufen ist und wie das passieren konnte. Wir wurden offenbar vollkommen überrumpelt und über den Tisch gezogen.
Wir haben kein Problem mit alten Häusern, wir brauchen nicht viel Luxus und Schickimicki und all den Fancy stuff wie Pool, Sauna grossen Aussenbereich. Wir leben seit 5 Jahren in Wohnmobilen, da ist man ziemlich schnell mit kleinen Dingen zufrieden. Wir wussten auch, dass uns hier kein Luxus erwarten wird, und das war auch in Ordnung für uns. Aber mit was wir überhaupt nicht klarkommen ist, wenn es dreckig, verwahrlost und ekelhaft ist. Und genau so sieht es hier aus. Ich erspare euch die genauen Details. Nur so viel: In den Wänden und unter dem Haus leben Ratten die man ständig hört, weil sie an den Wänden kratzen, es ist zwar halbwegs aufgeräumt aber alle Fenster sind voll mit Spinnenweben, Spinnen (innerhalb), toten Käfern und Ameisen. Es liegen verdorbene Lebensmittel rum, kaputte Elektrogeräte wie Staubsauger, Waschmaschine sind im Haus verteilt und stauben ein. Das Badezimmer könnte aus einem Horrorfilm stammen. Abgesehen vom Schimmel ist in der Duschkabine ein Loch, dass mittig aus der Decke kommt und unsere Dusche sein soll. In der Badewanne würde man sich vermutlich schneller Tetanus einfangen, als man “hier” sagen kann. Wir haben weder Stühle zum Sitzen noch einen Esstisch, lediglich ein altes, zerfetztes Sofa dient uns als Sitzgelegenheit.
Ich könnte noch stundenlang weiterschreiben, aber es ändert eh nichts an der Situation. Wir fragen uns die ganzen Tage, warum wir sowas verdient haben. Wie können Menschen anderen, fremden Leuten sowas zumuten? Warum müssen wir den Abschluss unseres doch so schönen Reisejahres so schäbig verbringen? Wir fühlen uns absolut nicht wohl in dem Haus. Ganz ehrlich, wir fühlen uns wie der letzte Dreck, der letzte Abschaum. Der einzige Trost ist, dass die drei Katzen ganz süss sind und uns die Zeit ein wenig erleichtern. Und wir bekommen sogar fast täglich ein Ei von den drei Hühnern.
Wir schlafen jede Nacht im Van, da das der einzige Rückzugsort ist, an dem wir uns wohl fühlen und es sauber ist. Das vorgesehene Schlafzimmer kommt für uns keinesfalls in Frage – da würden wir kein Auge zu bekommen. Mit gemütlich Kaffee trinken gehen ist leider auch nichts geworden. Alle Restaurants und Cafés im Ort haben über die Feiertage geschlossen und öffnen erst wieder, wenn wir weg sind. Tja, das war dann wohl ein vollkommener Reinfall und sprichwörtlich ein Griff ins Klo. Wir werden vermutlich nie wieder oder nicht mehr so schnell einen “House und Pet Sit” machen. Aber wir wollen aus dieser Erfahrung lernen. Wenn es jemals wieder zu einem “Sit” kommen wird, werden wir die Situation davor genau durchleuchten, und nur noch über Video-Call mit den Besitzern reden. Und wenn es die Distanz zulässt, davor persönlich vorbei gehen. Doch vorerst haben wir mal ganz gestrichen die Nase voll und müssen dieses Erlebnis verdauen. Danke Nicola, dass du uns Weihnachten, Neujahr und die freien Tage in dieser Drecksbude so versaut hast – wir hoffen du hattest einen schönen Urlaub!
Liebe Grüsse
Reiseroute
16. – 18. Dez. 2024Bairnsdale
AUS18. – 19. Dez. 2024 Ninety Mile Beach
AUS19. – 20. Dez. 2024 Wilsons Promontory NP
AUS20. – 21. Dez. 2024Gherang
AUS21. – 22. Dez. 2024 Beech Forest
AUS22. – 24. Dez. 2024Colac
AUS24. Dez. 2024 – 05. Jan. 2025Melbourne
AUS
Wuuhaaaaaa… ein Graus.. Horror. Mir wird schon nur beim Lesen des letzen Abschnitts schlecht. Das habt ihr echt nicht verdient. Aber fut habt ihrs hinter euch!
Ganz tolle Bilder. Schön, dass es mit den Koalas und Wilson Prom geklappt hat. Ojeh, schade dass das Sitting eine solche Katastrophe war. Liebe Grüsse von der Baja Andrea, Matthias & Grisu