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02. Oktober 2022 - Reisetagebuch Eintrag #103
- KÄSESTRASSEN | geschrieben von Magdalena
Nach den ersten Kilometern auf Ungarns Strassen tun uns schon die Knochen weh: wir sind bereit für ein Thermalbad! Die Qual der Wahl fällt auf das Höhlenbad Miskolctapolca. Buda und Pest beeindrucken uns sehr und wir verbringen zwei schöne Tage in Ungarns Hauptstadt Budapest. Wir folgen dem Rat von Vielen und besuchen den Balaton.
Höhlenbad
Der Abschied von Anna und ihrer Familie ist uns nicht leichtgefallen, aber wie heisst es so schön: Man soll gehen, wenn es am schönsten ist. Wir haben nun eine vierstündige Fahrt Richtung Miskolc in Ungarn vor uns. Schon bei der Routenübersicht von unserem Fahrzeugnavi sind wir absolut nicht sicher, ob es wirklich der beste Weg ist. Google Maps schlägt eine völlig andere Route vor. Doch irgendwas wird mit der vorgegebenen Strecke von Maps wohl nicht passen, sonst würde unser Navi nicht einen ganz anderen Weg vorschlagen. Heute glaube ich zu wissen, was unser Navi für ein Problem mit dem anderen Weg hatte. Vermutlich waren es die schönen und gut ausgebauten Strassen. Es hat uns nämlich so ziemlich in die Pampas und auf der am schlechtesten ausgebauten Strasse rumgeführt. Das kann ja noch toll werden hier in Ungarn. Ein schweizer Käse hat definitiv weniger Löcher als Ungarns Strassen.
Wir dachten uns, da Ungarn ja sehr bekannt für seine Thermen ist, wollen wir die Erkundung des Landes gleich standesgemäss mit einem Besuch in einem Thermalbad starten. Das kommt uns nun zugute, so können unsere durchgeschüttelten Knochen sich etwas erholen. Wir haben uns für das Miskolctapolca-Höhlenbad entschieden. Auf den Fotos sah es vielversprechend aus. Uns erwartet die nächsten 3 Stunden 30–36 Grad warmes Heilwasser, in einer mehrere tausend Jahre alten Höhle. Das Schwimmbad wurde einfach drumherum gebaut. Wie cool ist das den bitte?
Buda und Pest
Am nächsten Morgen brechen wir früh auf. Wir wollen spätestens am Mittag in Budapest sein und noch ein wenig von der Stadt erkunden. Wir befestigen alles doppelt so gut, denn eines ist uns jetzt schon klar. Die Strassen werden nicht besser werden.
Kurz vor Mittag kommen wir am Campingplatz an. Da sich die Parkplatzsuche dieses Mal etwas schwierig gestaltet hat, haben wir uns für einen zentrumsnahen Campingplatz entschieden. Ein Plätzchen ist gleich gefunden und wir schwingen uns auf die Fahrräder, um das jüdische Viertel im Stadtteil Pest zu erkunden. Unser erstes Ziel ist die grosse Synagoge. Sie wurde 1854–59 nach Plänen des Wiener Architekten Ludwig Förster im maurischen Stil für die Pester jüdische Gemeinde errichtet. Mit 2.964 Sitzplätzen ist sie Europas grösste Synagoge. Wir bestaunen das Bauwerk von aussen und glauben, gewisse Ähnlichkeiten zur Alhambra in Spanien festzustellen.
Wir bleiben auf der Pester Seite und fahren zu den nicht weit entfernten Ruinenbars. Schon als wir das halb verfallene Haus betreten, wird mir klar, dass sowas in Österreich/Schweiz nie genehmigt werden würde. Ich finde das Konzept mega toll und man fühlt sich gleich wohl in der Szimpla Kert Bar. Keine Bank, kein Tisch oder Stuhl gleicht dem anderen, jeder Raum besticht mit verschiedensten kunterbunten Dekos. Genauso gemischt ist auch das Publikum, dass sich bei uns tagsüber hier aufgehalten hat. Von der Junggesellenrunde über Studenten und Opa, der Omi mal ausführen will, war alles dabei. Ich glaube so instabil wie mancherorts das Gebäude auch aussieht, so hält es bei weitem mehr aus als man meinen würde. Die Preise sind natürlich der hippen Umgebung angepasst. Das ein oder andere Getränk ist auch für den nicht allzu dicken Geldbeutel zu finden. Für mich sind die Ruinenbars ein absolutes Must-See bei einem Besuch in Budapest. Wer in der Speisekarte der Ruinenbars nichts findet, wird sicherlich nebenan bei Streetfood Karavan fündig. Hier bekommt man von gut bürgerlich bis Hamburger und Co. alles angeboten.
Wir fahren weiter zur Andrássy Allee – die berühmteste Strasse in Budapest. Die Boulevardstrasse verbindet das Stadtwäldchen und den Heldenplatz mit der Innenstadt. Entlang den 2,5 Kilometern verläuft ein ausnahmsweise sehr gut ausgebauter Fahrradweg und so kann man die Prachtbauten und Luxusgeschäfte gemütlich, ohne Angst haben zu müssen über den Haufen gefahren zu werden, mit dem Fahrrad zurücklegen. Wir bleiben bei der Staatsoper stehen. Sie gilt als die schönste Oper der Welt und ich kann es mir nicht verkneifen einen Blick reinzuwerfen. Leute – ich wäre am liebsten eingezogen – was sich meinen Augen hier offenbart, ist einfach nur wunderschön. Reich verzierte Wände und Decken, Kronleuchter bis zum Abwinken, Prunk ohne Ende. Ich fühle mich wie eine kleine Prinzessin, als ich die Eingangshalle betrete. Mit dem Mietvertrag hat es dann leider doch nicht geklappt. Wenigstens habe ich schon meinen Prinzen gefunden, der mir jeden Tag mein Leben versüsst.
Am Ende der Andrássy Strasse befindet sich der Heldenplatz und das Stadtwäldchen. Mir sticht gleich ein Schlösschen ins Auge. Es handelt sich um die Burg Vajdahunyad. Heute befindet sich unter anderem auch das Landwirtschaftsmuseum darin. Weiter geht es zum Széchenyi-Bad (Széchenyi-gyógyfürdő). Es wurde 1881 eröffnet und gehört heute zu den beliebtesten Bädern in Budapest. Es besteht aus drei Freibecken und einem im neobarocken Stil erbauten Hallenbad mit Thermal- und Therapiebereich. Wir haben einiges darüber gelesen. Wer sich entspannen will und die Ruhe sucht, ist hier fehl am Platz. Es ist eher für Partys und Trubel bekannt. Da wir ja schon unseren Badetag hatten, können wir uns dieses Thermalbad sparen und fahren noch etwas weiter in den Park hinein.
Es wird langsam schon dunkel und wir wollen eigentlich auf direktem Weg heim, wenn da nicht Musik durch den Park an unsere Ohren vordringen würde. Ein bisschen Zeit bleibt uns noch und wir fahren den Lauten nach. Plötzlich stehen wir vor sowas Ähnlichem wie einer Schanze, die links und rechts in die Höhe ragt und dazwischen ein Säulendenkmal steht. Wie sich bei meiner Recherche im Nachhinein herausgestellt hat, handelt es sich nicht um eine Sprungschanze, sondern um das Ethnografisches Museum mit dem dazwischenstehenden Revolutionsdenkmal. Es ist sehr schön anzusehen. Und wir haben unglaubliches Glück, denn das Abendlicht ist perfekt und eine Primaballerina hat gerade ein Fotoshooting in diesem Monument. Wir machen einige Fotos von der Szene und fragen sie anschliessend höflich, ob wir die Bilder verwenden dürfen. Fleur – so heisst die junge Dame – freut sich sehr und gibt uns gerne und umgehend ihr Einverständnis.
Es wird immer dunkler und wir wollen noch die Aussicht von oben geniessen. Wir steigen die Stufen hinauf und werden mit einer tollen Aussicht über Budapests Dächern belohnt. Als Draufgabe sehen wir nun den Ort, von dem die tollen rhythmischen Klänge herkommen. Unter uns spielt eine Salsaband und einige hundert Leute tanzen mit voller Hingabe zu der Musik.
Am nächsten Tag wollen wir das Donauufer und die Buda-Seite etwas genauer erkunden. Aber warum schreibe ich eigentlich immer von Buda und Pest und nicht von Budapest? Erst im Jahre 1873 vereinigten sich die Städte Buda, Alt-Buda und Pest zur neuen Hauptstadt Ungarns. Heute wird immer noch von den Stadtteilen gesprochen und so haben auch wir das übernommen. Wir starten den Morgen mit einem Besuch der grossen Markthalle aus dem Jahr 1897. Hier findet man über Fleisch, Wurst, Käse, Obst und Gemüse allerlei Sachen, die man braucht – oder auch nicht. Zwischen Souvenirs und Lederwaren befindet sich auch der ein oder andere Imbiss, der einen kulinarisch versorgt. Wir konnten dieses Mal einfach nicht widerstehen und haben uns ein kleines Souvenir mitgenommen. Nach der Shoppingtour geht es nun aber weiter zum Donauufer. Hier finden wir ein Mahnmal, dieses sich über eine Länge von 40 Metern erstreckt und 60 Paar Schuhe aus Metall zeigt. Es soll an die Hinrichtung der verfolgten Juden in Budapest während des Zweiten Weltkrieg erinnern. Unzählige Unschuldige wurden an den Ufern der Donau erschossen und in den Fluss geworfen. Auch hier holt uns wieder die dunkle Vergangenheit des Krieges ein.
Nach der kurzen Reise in die Vergangenheit kommen wir zurück in die Realität. Uns erwartet jetzt wieder ein ganz spezieller Bau. Das prachtvolle Parlamentsgebäude ist weit über die Staatsgrenzen hinaus bekannt und sicher eines der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Budapests. Inspiriert durch den Westminsterpalast in London begann der Bau des Gebäudes 1867. Erst 1902 wurde das damals grösste parlamentarische Gebäude der Welt fertiggestellt. Insgesamt 691 Zimmer und zehn Innenhöfe befinden sich in dem 268 Meter langen Prunkbau mit einer faszinierenden Fassade. Die 27 Türme und die wundervolle Kuppel lassen das Parlamentsgebäude bereits aus dem Flugzeug erkennen. Den besten Blick auf das Parlamentsgebäude hat man von der gegenüberliegenden Buda-Seite, wenn man die Donau überquert hat. Und genau das machen wir jetzt. Leider ist die berühmte Kettenbrücke seit Juli 2021 wegen Restaurierungsarbeiten gesperrt und so müssen wir über die Margaretenbrücke fahren. Der Umweg hat sich jedoch gelohnt, da die Margareteninsel dort zu finden ist. Wir drehen eine Runde rund um die Insel und fahren dann weiter Richtung Buda. Jetzt heisst es Fahrrad abstellen und Stufen laufen. Rauf geht es auf den Burgberg mit dem bekannten Burgviertel.
Zu entdecken gibt es unglaublich schöne Sehenswürdigkeiten. Das Burgviertel erstreckt sich über 500 Meter in der Breite und 1,5 Kilometer in der Länge. Bereits im 13. Jahrhundert wurde das Gebiet als königliche Festung mit Bergfried erbaut. Die Fischerbastei (ungarisch Halászbástya) ist ein neoromanisches Monument. Von den vielen Kirchen, die sich hier befinden, ist die Matthiaskirche wohl die bekannteste. Hier wurde Österreichs Kaiser Franz Joseph I. und seine Frau Elisabeth („Sisi“) am 8. Juni 1867 zu „Apostolischen Königen“ von Ungarn gekrönt. Wir verweilen noch eine Zeitlang auf der Buda-Seite bevor wir den Rückweg zum Campingplatz antreten.
Balaton
Für uns wird es Zeit, Budapest zu verlassen. Die Stadt war wiedermal ein Highlight, aber so Städtetrips sind immer anstrengend. Vor allem, wenn man die halbe Nacht nicht schlafen kann, weil ein Flugzeug nach dem anderen über das Wohnmobil fliegt. Unser Campingplatz lag nämlich genau in der Einflugschneise des ziemlich gut besuchten Budapester Flughafens.
Wir fahren einmal quer an vielen tollen Sehenswürdigkeiten vorbei. Leider sind die Wetterprognosen für die nächsten 7 Tage nicht wirklich gut. Morgen soll es noch trocken, warm und schön sein, danach kommt der Schlechtwettereinbruch. Wir müssen uns also entscheiden. Da wir den Plattensee (Balaton) noch gerne bei schönem Wetter geniessen wollen und nicht mehrere Wochen in Ungarn bleiben können, entscheiden wir uns, alle anderen ausgesuchten Punkte nicht anzufahren und rauschen nun auf dem direkten Weg Richtung Keszhely, das direkt am Balaton liegt. Die Strassen sind wie erwartet wieder die reinste Katastrophe. Wenn das so weiter geht, brauchen wir bald mal neue Stossdämpfer. Wir verbringen 2 schöne Tage am Balaton, machen die Gegend wieder mit dem Fahrrad unsicher, schauen das Dörfchen mit seinem prächtigen Festetics-Palast an und finden nach mehreren Anläufen endlich einen Barber, der Rene einen Termin noch am selben Tag und nicht erst in einem Monat gibt. Nach dem zweiten Tag ist dann aber fertig mit Sommer, Sonne und Sonnenschein. Da braut sich ordentlich was zusammen am Himmel. Die Prognosen verschlechtern sich von Tag zu Tag und so wie es aussieht lässt sich die Sonne nicht mehr so schnell blicken. Für uns ist das leider das Zeichen, dieses Land zu verlassen und weiterzuziehen. Wir wollen die schlechten Tage aussitzen und dann mit neuem Elan ein weiteres Land erkunden.
Resümee Ungarn
Wir können nicht viel über Ungarn sagen, da wir nicht lange genug in diesem Land waren und nur einen sehr kleinen Teil gesehen haben. Aber das, was wir aber gesehen haben, hat uns sehr gut gefallen. Es gibt unzählige Thermalbäder, in denen man sich für kleines Geld so richtig verwöhnen lassen kann. Einkaufen und Tanken ist jedoch nicht mehr so billig. Die Preise sind inzwischen schon sehr ähnlich zu Deutschland und Österreich. Restaurantbesuche sind noch etwas billiger als in den Nachbarländern. Wir haben sowohl auf Parkplätzen als auch Campingplätzen übernachtet. Campingplätze gibt es in Ungarn sehr viele, gerade an den Touristenhotspots findet sicher jeder was für sich. In der Nachsaison muss man für einen Platz mindestens ca. € 20 rechnen, nach oben gibt es natürlich keine Grenzen. Die Strassen (Landstrassen) sind eine kleine Tortur für jedes Auto oder Wohnmobil. Lauter Schlaglöcher und schlecht geflickte Strassen werden euch erwarten. Vermutlich sieht es anders aus, wenn man Geld in eine Vignette investiert und auf der Autobahn fährt.
Die Leute, die wir kennengelernt haben, waren sehr offen und freundlich. Mit Englisch kommt man sehr gut durch und an vielen Orten wurde sogar Deutsch gesprochen. Ungarn wäre es auf jeden Fall wert gewesen, mehr und intensiver erkundet zu werden. Leider holt uns so langsam der Herbst ein und wie ihr ja alle wisst, sind wir Sonnenkinder und fahren der Sonne gerne entgegen. Wir können uns sehr gut vorstellen, dass es nicht unser letzter Besuch hier in Ungarn war. Das nächste Mal packen wir etwas mehr Zeit in unseren Reisekoffer mit ein.
Liebe Grüsse
Reiseroute
10. – 11. Sep. 2022Miskolc
HU11. – 13. Sep. 2022Budapest
HU13. – 15. Sep. 2022Keszhely
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